Kleine Zugeständnisse

Bastian Schmidt vom Berliner Solikreis über den Streik bei Amazon

  • Lesedauer: 3 Min.
Bastian Schmidt ist aktiv beim Berliner Solikreis für die Beschäftigten bei Amazon. Mit ihm sprach Wladek 
Flakin.

An diesem Wochenende findet in Berlin ein internationales Treffen von Amazon-Arbeitern statt. Warum ist so ein Treffen nötig?

Zentral ist der Austausch mit den Kollegen von Amazon aus Poznan. Sie haben sich in der Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza organisiert. Leider verweigert der ver.di-Apparat bisher die Zusammenarbeit mit diesen Kollegen. Für dieses Treffen haben sich keine ver.di-Funktionäre angekündigt, obwohl sie ausdrücklich eingeladen sind.

Wie sieht es mit der Unterstützung in umgekehrter Richtung aus?

Die polnischen Kollegen haben sich immer wieder mit den Streikenden in Deutschland solidarisiert. Die Bedingungen dafür waren denkbar schlecht, da ihr Streikrecht noch stärker eingeschränkt ist als in Deutschland. Amazon versucht, die Streiks in Deutschland durch Aufbau von Versandzentren in Polen und Tschechien abzuwürgen. Besonders die polnischen Kollegen wollen dabei nicht als Streikbrecher herhalten müssen. Deshalb haben sie durch Kundgebungen und Bummelstreiks selbst den Kampf aufgenommen. Das ist gelebter Internationalismus.

Warum sollen sich besonders Gewerkschafter für den Amazon-Streik interessieren?

Amazon dominiert nicht nur den Onlinehandel, sondern gibt auch die Arbeitsbedingungen für andere Branchen vor. Zum Beispiel durch die Befristung von Arbeitsverträgen kann der Konzern immer wieder aktive Gewerkschafts- und Betriebsratsmitglieder rausschmeißen. Das ist nach Ansicht vieler Arbeitsgerichte auch ganz legal.

Welche Unternehmen kopieren dieses Modell?

Die Post hat letztes Jahr Tausende Beschäftigte ausgegliedert und damit gewerkschaftliche Strukturen faktisch zerstört. Im Botanischen Garten Berlin erleben wir ganz aktuell ähnliche Angriffe in Form von Outsourcing - 31 Arbeiter sollen gekündigt werden. Hier geht es nicht unbedingt darum, Geld zu sparen, sondern um aktives Union Busting.

Amazons Erfolge ermuntern also viele Ausbeuter. Umgekehrt würde ein Erfolg der Streiks aber auch ein starkes Signal an alle Arbeiter bedeuten, dass kämpfen sich lohnen kann. Denn was bei einem riesigen Konzern wie Amazon funktioniert, funktioniert überall.

Sie sind im Solikreis für die Beschäftigten bei Amazon aktiv. Was macht dieser genau?

Wir unterstützen die Arbeitskämpfe durch öffentliche Aktionen und Kampagnen. So mobilisieren wir regelmäßig zu Gerichtsterminen entlassener Kollegen, die sich gegen ihren Rausschmiss wehren. Im Sommer haben wir beim Berliner Firmenlauf mit Transparenten und Kostümen auf den Kampf aufmerksam gemacht.

Was hat der Streik gebracht?

Amazon weigert sich seit Jahren, ver.di als Verhandlungspartner zu akzeptieren. Gewerkschafter werden von der Geschäftsleitung als »Rotnasen« beschimpft. Doch dank des Streiks kam es zu kleinen Zugeständnissen beim Weihnachtsgeld, bei Pausenzeiten usw. Das sind Errungenschaften, die aber jederzeit zurückgenommen werden können.

An diesem Donnerstag gibt es eine Auftaktveranstaltung zu dem Treffen. Was ist geplant?

Beschäftigte aus verschiedenen Betrieben werden sprechen: von Amazon aus Deutschland und Polen, aber auch von Zalando, von der BVG sowie Arbeiter von der Gruppe »Berlin Migrant Strikers«. Denn alle haben mit befristeten Verträgen zu kämpfen und sie wollen sich vernetzen.

Die Veranstaltung »Kampfstrategien von (A)mazon bis (Z)alando« beginnt am Donnerstag um 19 Uhr im Tagungszentrum Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin.

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