Tarifabschluss soll die Gemüter beruhigen

VW und IG Metall einigen sich auf mehr Lohn und flexiblere Altersteilzeitregelungen

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der VW-Konzern steckt in einer tiefen Krise. Zumindest leiden darunter aber erst mal nicht die Mitarbeiter - sie bekommen mehr Geld.

Im Ringen um den Haustarifvertrag für rund 120 000 Beschäftigte in westdeutschen Werken des VW-Konzerns haben Konzernvorstand und IG Metall in der Nacht zum Freitag eine Einigung erzielt. Der vereinbarte Tarifabschluss lehnt sich in weiten Teilen an den kürzlich in Nordrhein-Westfalen vereinbarten Tarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie an. So sollen die Löhne zum 1. September 2016 um 2,8 Prozent und zum 1. August 2017 um weitere 2,0 Prozent angehoben werden. Die vereinbarte Einmalzahlung für alle Beschäftigten in Höhe von 200 Euro soll als »Baustein« in die betriebliche Rentenversicherung einfließen. Der Tarifvertrag endet am 31. Januar 2018.

Neben den Lohnerhöhungen wurde die bestehende Regelung zur Altersteilzeit bis zum Jahr 2022 verlängert und in verschiedenen Varianten gleichzeitig flexibler gestaltet. Insider sehen darin ein Instrument, um in Krisenzeiten den Personalabbau gezielter zu handhaben. Die Regelung kann in den kommenden Jahren von älteren Beschäftigten bis zum Geburtsjahrgang 1967 in Anspruch genommen werden. Die IG Metall hatte ursprünglich fünf Prozent Lohnerhöhung bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie eine Verlängerung der Altersteilzeitregelungen gefordert.

Der VW-Haustarif gilt als Deutschlands größter Firmentarif und findet in den sechs westdeutschen Werken Emden, Hannover, Wolfsburg, Salzgitter, Braunschweig und Baunatal bei Kassel sowie bei der VW-Finanztochter in Braunschweig Anwendung. Nicht vom Haustarif erfasst werden allerdings das Werk in Osnabrück sowie die sächsischen Standorte Chemnitz und Zwickau. Für sie gilt der jeweilige Flächentarif der Metall- und Elektrobranche. Manche Gewerkschafter bemängeln, dass damit auch eine konzernweite und einheitliche Mobilisierung der Beschäftigten in Tarifrunden erschwert werde.

Während VW-Personalvorstand Karlheinz Blessing die mit der neuen Altersteilzeitregelung verbundene Flexibilität als »wesentliche Voraussetzung zur Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit« bezeichnete, lobte IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine den Abschluss als »guten Kompromiss in schwierigen Zeiten.« Damit bezog sich Meine auf den VW-Abgasskandal, der im vergangenen Herbst publik geworden war, sowie auf erste Absatzeinbrüche der Marke VW. Für erwartete Schadensersatzforderungen aus den USA hat der Vorstand Rücklagen von 16,2 Milliarden Euro gebildet. Nach Zahlen des Konzerns wurden 2015 insgesamt 5,82 Millionen Pkw der Marke Volkswagen verkauft, 2014 waren es 6,12 Millionen Pkw. Dies entspricht einem Rückgang um 4,8 Prozent. Besonders dramatisch war der Einbruch in den Exportmärkten Südamerika, Russland sowie Mittel- und Osteuropa.

In den vergangenen Wochen hatten üppige Bonuszahlungen für VW-Spitzenmanager in Millionenhöhe bei Beschäftigten und einer kritischen Öffentlichkeit für Unmut gesorgt. Als durchaus »VW-üblich« gilt auch die jüngste Meldung, wonach der für die Lkw-Sparte zuständige VW-Vorstand und Ex-Daimler-Manager Andreas Renschler nach nur fünf VW-Jahren zusätzlich zu seiner Daimler-Pension vom Wolfsburger Konzern schon mit 62 eine monatliche Rente von rund 60 000 Euro beziehen wird. Der Hunger der Spitzenmanager auf Boni und üppige Ruhegelder dürfte den Vorstand letztlich bewogen haben, die Belegschaft durch einen Tarifabschluss auf Linie der Metall- und Elektroindustrie einigermaßen bei Laune zu halten. Die Tarifbeschäftigten in Sachsen erhalten zusätzlich eine von Betriebsrat und Geschäftsleitung vereinbarte Erfolgsprämie von jeweils 2404,50 Euro für 2015. Für die westdeutschen Werke soll eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 3950 Euro ausbezahlt werden. Nicht in den Genuss dieser Leistungen kommen allerdings die bei VW eingesetzten Leiharbeiter. Kommentar Seite 2

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