Ermittlungen gegen Festerling nach Flüchtlingsjagd

Hamburger Polizei untersucht umstrittene Bulgarien-Reise der Ex-Pegida-Frontfrau und ihren Aufruf zur Flüchtlingsabwehr

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Ego von Tatjana Festerling dürfte in diesen Tagen noch ein wenig gewachsen sein: Nach ihrer Werbetour für ihr neurechtes Projekt »Festung Europa« mit einer Zwischenetappe im bulgarischen Unterholz, beschäftigt sich nicht nur die deutsche Justiz mit ihrer Jagd auf Flüchtlinge. Auch die europäische Politik hat inzwischen Notiz von der Ex-Pegida-Frontfrau genommen. Wie die bulgarische Website »The Sofia Globe« berichtet, wurde Festerlings Trip im Parlament zum Politikum. Ministerpräsident Boiko Borissow versicherte auf Nachfrage des Oppositionspolitikers Atanas Atanassov, er habe im Vorfeld keine Informationen über die Reise Festerlings und ihres Mitstreiters Edwin Wagensveld verfügt. Das bulgarische Helsinki-Komitee forderte eine Untersuchung, ob derartige Bürgerwehren, mit denen sich auch Festerling traf, überhaupt legal sind. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, Dutzende solcher Gruppen würden in Bulgarien Jagd auf Geflüchtete machen, teilweise bewaffnet und mit äußerster Brutalität.

Festerling selbst behauptet, sie sei mit einer Gruppe namens »Vasil Levski« unterwegs gewesen. Die Bezeichnung geht auf einen bulgarischen Nationalhelden zurück, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegen die Herrschaft des Osmanischen Reiches kämpfte. Während es Levski damals um ein freies Bulgarien nach dem Vorbild der Französischen Revolution ging, kämpfen die heutigen nationalistischen Separatisten dafür, die Welt »aus der Sklaverei durch die zionistische internationale Finanzmafia« zu befreien. Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus zeichnen die Gruppierung aus.

Auch in Den Haag war der umstrittene Bulgarien-Trip ein Thema, da Festerlings Weggefährte Wagensveld aus der Niederlande stammt: Die sozialdemokratische Abgeordnete Attje Kuiken von der PvdA will mit einer großen Anfrage von der Regierung weitere Details über das Treffen mit der Bürgerwehr in Erfahrung bringen. Ein Vorschlag dürfte dagegen kaum Chancen auf Umsetzung haben: Kuiken plädierte für ein Ausreiseverbot gegen »rechtsextreme Grenzwächter«. Wie solch eine Maßnahme überhaupt umzusetzen wäre, ist allerdings unklar. Die Antwort der Regierung in Den Haag steht indes noch aus.

Juristische Konsequenzen könnten Festerling dagegen nun in Deutschland drohen. Wie der »Tagesspiegel« berichtet, ermittelt die Hamburger Polizei gegen die Ex-Pegida-Chefin, da sie im Verdacht steht, sich des »Anwerbens für einen fremden Militärdienst« strafbar gemacht zu haben. Das Ermittlungsverfahren sei gemäß Paragraf 109 h des Strafgesetzbuches eingeleitet worden, sagte eine Sprecherin der Behörde am Dienstag in Hamburg. Wörtlich heißt es im Gesetz: »Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.«

Festerling hatte sowohl wiederholt auf Facebook als auch während eines Auftritts beim Leipziger Legida-Aufmarsch in der vergangenen Woche dafür geworben, sich den Bürgerwehren entlang der europäischen Grenzen anzuschließen. In einem Beitrag auf ihrem Facebookprofil forderte sie die »Männer Europas, möglichst Veteranen aus Militär und Polizei« dazu auf, es ihr gleichzutun und in Bulgarien die vermeintlichen Grenzhelfer zu unterstützen, damit die »Invasoren auf ihrem Raub- und Rape-Feldzug im Namen des Islam« gestoppt würden.

Ähnlich martialische Worte wählte sie schließlich bei ihrem Legida-Auftritt Anfang Juli. Pathetisch erklärte Festerling, für die Verteidigung Europas auch sterben zu wollen: »Aber wisst ihr was. Es ist uns wurscht. Wir sind bereit (...), notfalls auch unser Leben zu geben.«

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