Drinnen sind es weniger als draußen

Ins neue Abgeordnetenhaus ziehen vergleichsweise wenige Migranten und Frauen ein

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine aktuelle Umfrage des Mediendiensts Integration bei den Fraktionen hat ergeben, dass nur neun Prozent der künftigen Parlamentarier einen Migrationshintergrund haben. In der Berliner Gesamtbevölkerung liegt der Anteil hingegen bei 28 Prozent.

Die Grünen stellen davon prozentual die meisten Abgeordneten: Fünf von 27 Parlamentariern haben hier eine Migrationsgeschichte. Dicht darauf folgt die SPD mit 18,4 Prozent. Pikantes Detail: Die AfD stellt ebenso wie die LINKE einen Parlamentarier mit Migrationshintergrund. Da die AfD weniger Sitze hat, liegt sie damit relativ gesehen sogar vor den Sozialisten.

Der Mediendienst Integration habe den Parteien keine Definition für einen Migrationshintergrund vorgegeben, sagt Mitarbeiter Pavel Lokshin. Für die AfD dürfte sich der Spitzenkandidat Georg Pazderski als Mensch mit Migrationshintergrund eingeschätzt haben: Sein Vater wurde in Polen geboren.

»Ein Migrationshintergrund schützt vor Rassismus nicht«, sagt Daniela Kaya, Landesvorsitzende der AG Migration und Vielfalt in der SPD. »Da könnte ich ja fast sagen: Ausländer raus aus dem Abgeordnetenhaus!« sagt Hakan Taş, der einzige Abgeordnete mit Migrationshintergrund der Linksfraktion.

In der vergangenen Legislatur saß neben Taş noch Evrim Sommer im Abgeordnetenhaus. Nun wird sie wahrscheinlich Bürgermeisterin in Lichtenberg: »Sie ist damit die erste Bürgermeisterkandidatin mit Migrationshintergrund«, sagt Taş. »Das ist nicht weniger wert.« Auch in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) sei die LINKE »besser als andere Parteien«. Das Problem sei, dass Parteimitglieder mit Migrationshintergrund eher in westlichen Bezirken organisiert seien, wo die LINKE keine Wahlkreise gewinne. Doch Taş sagt auch: »Die Liste muss bei der nächsten Wahl deutlich besser aufgestellt werden. Dafür werde ich kämpfen.«

Dass die SPD so erfolgreich ist, habe sie vielen Gesprächen zu verdanken, sagt Kaya. Wenn die Landeslisten beschlossen werden, sei es oft zu spät. Um eine starre Regel gehe es zur Zeit nicht: »Das Wort Quote macht die politische Debatte zum jetzigen Zeitpunkt tot.« Die Selbstverpflichtung der Bezirke sei ein guter Weg. Auch ein einjähriges Mentoring-Programm habe Erfolg gezeigt: Einige Teilnehmer seien nun mit einem Mandat in die BVV eingezogen. Kaya ist überzeugt: »Da geht es ganz klassisch um die Repräsentationsfrage in der repräsentativen Demokratie.«

Frauen sind im Parlament ebenfalls unterrepräsentiert: Nur 30 Prozent der Abgeordneten sind weiblich. Die Grünen sind auch hier Spitzenreiter mit einer Frauenquote von über 55 Prozent, dicht gefolgt von der LINKEN. Die SPD schafft es auf 39 Prozent. Weit abgeschlagen ist die FDP mit 16 Prozent, fast gleichauf liegen CDU und AfD mit jeweils vier beziehungsweise drei Parlamentarierinnen.

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