Abgesprochener Abgang

Martin Schulz' Wechsel nach Berlin löst in der EU unterschiedliches Echo aus

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Das Ausscheiden von Martin Schulz als EU-Parlamentspräsident war erwartet worden. Bereits nach der Wahl zum Europaparlaments im Juli 2014 hatten sich die Sozialdemokraten und Europäische Volkspartei (EVP) darauf geeinigt, dass nach zwei Jahren ein Konservativer auf den Schulz’ Posten folgen soll. Solche Vereinbarungen sind auf europäischer Bühne nicht ungewöhnlich.

Die EVP-Fraktion hat nun auf eine Einhaltung der Absprache bestanden. Die CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament begrüßte folglich das Ausscheiden von Schulz als Parlamentspräsident. »Damit ist die Chance für die weitere Zusammenarbeit der großen Parteien im Europäischen Parlament gegeben«, erklärte der Gruppenvorsitzende Herbert Reul am Mittwoch. »Ich hoffe, dass wir jetzt zügig, aber unaufgeregt, einen neuen Parlamentspräsidenten finden, der auch die Zustimmung der anderen Fraktionen bekommen kann.«

Die deutschen Sozialdemokraten in Brüssel bedauerten dagegen den Wechsel Schulz in die Bundespolitik. »Martin Schulz wäre ganz sicher die beste Lösung gewesen für dieses Haus«, sagte ihr Chef Udo Bullmann. Schulz werde »hier eine Riesenlücke hinterlassen.« So sieht es auch der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Norbert Spinrath. Schulz habe sich für den Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union eingesetzt und immer dafür gesorgt, dass das EU-Parlament an den Entscheidungen beteiligt werde.

Ebenso wie die Sozialdemokraten würdigte auch der EVP-Fraktionschef Manfred Weber Schulz Arbeit im Parlament. Wen er als Parlamentspräsident nun vorschlagen will, ließ der CSU-Politiker noch offen. Ob er selbst für eine Kandidatur bereit steht, dazu äußerte Weber sich auf Nachfrage nicht.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok (CDU), würde eine mögliche Berufung von Martin Schulz zum deutschen Außenminister begrüßen: »Martin Schulz verfügt über mehr internationale Erfahrung als viele andere Politiker, die bislang in das Amt des Außenministers wechselten«, sagte Brok der »Welt«. »Er wäre eine gute Besetzung.« Als Nachfolger von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) könne Schulz entscheidende Akzente bei der Weiterentwicklung der Europäischen Union setzen, glaubt Brok.

Doch der Abtritt des Sozialdemokraten von der europäischen Bühne kann in Brüssel noch bedeutsam werden. Es wird nicht ausgeschlossen, dass nun auch eine Debatte über weitere Spitzenposten losbricht. Agenturen/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal