An der Grauzonengrenze

Parteien werden zunehmend durch Sponsoring finanziert - ohne transparente Regelung

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Antrag erhielt im Bundestag am Mittwoch eine Beerdigung erster Klasse: Die Grünen wollten sofort darüber abstimmen, ob der Fluss von Sponsorengeldern an Parteien transparenter zu machen sei, doch die Koalition verwies die Initiative in die Ausschüsse. Und wie es dem Vorstoß dort ergehen wird, zeigte die folgende Plenardebatte.

Für Philip Murmann (CDU) gibt es an Parteiensponsoring »nichts auszusetzen«; Fraktionskollege Michael Frieser hält es für ein gutes Zeichen, dass »zunehmend« Verbände und Unternehmen als Sponsoren von Parteien auftreten: Sie wollten sich in die Demokratie einbringen. Gabriele Fograscher (SPD) dagegen betonte, man sei im Prinzip ja ähnlicher Meinung wie die Grünen, doch stelle sich der Koalitionspartner quer. Und Dietmar Nietan, zugleich auch Schatzmeister seiner Partei, kündigte eigene Vorschläge für 2017 an.

In dieser Debatte ging es um eine feine Unterscheidung, die umgangssprachlich kaum getroffen wird - nämlich die zwischen Sponsoring und Spende. Gesetzlich ist eine Spende eine Zuwendung ohne konkrete Gegenleistung. Sponsoring ist dagegen eine Bezahlung für bestimmte Leistungen von Parteien - meist für Stände auf Parteitagen oder Anzeigen in Publikationen. Doch verschwimmen die Grenzen schon dadurch, dass die Preise für solche Stände oder Anzeigen, soweit nachvollziehbar, oft über dem Marktniveau liegen.

Für beide Seiten hat Sponsoring den Vorteil, dass solche Zuwendungen intransparent sind, während bei Spenden Veröffentlichungspflichten gelten. Sponsoring läuft in Parteibilanzen unter »Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit« - oder unter »Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit«. Beide Posten geben keine Klarheit darüber, wer genau wie viel gezahlt hat. Und Unternehmen können Sponsoringbeträge steuerlich absetzen, Spenden hingegen nicht.

Deswegen entwickelt sich Sponsoring zu einem nicht unwichtigen Zweig der Parteienfinanzierung. Die »Einnahmen aus Veranstaltungen« machen derzeit bei SPD und CDU jeweils rund acht Prozent der Finanzen aus, bei der CSU sogar 14 Prozent; LINKE und Grüne dagegen sind mit knapp einem und anderthalb Prozent offenbar nicht so gefragt.

Laut CDU-Mann Frieser sind neue Regelungen dennoch überflüssig; man brauche nur einen »funktionierenden moralischen Kompass«. Damit bezog er sich auf den jüngsten Fall um die SPD-Agentur »Network Media«. Diese verkaufte de facto Gespräche mit Spitzenpolitikern - de jure suchte sie Sponsoren für die Kosten von Veranstaltungen. Solche Praktiken verweisen auf eine Grauzone. »Zweckspenden« sind verboten, doch gelten Standgebühren oder Kostenbeteiligungen für Veranstaltungen zunächst nicht als Spende, sondern als Geschäft. Ist aber mit einem Parteitagsstand nicht immer ein privilegierter Zugang zur Partei und ihren Exponenten verbunden?

Die Grenzen dieser Grauzone werden immer wieder getestet. Berühmt ist der Fall des Düsseldorfer Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) im Jahr 2010: Neben einem Parteitagsstand wurde gegen Aufpreis ein persönliches Gespräch angeboten. Ähnlich soll die Sachsen-CDU zeitgleich Stanislaw Tillich vermarktet haben; schon damals gab es »Kaminabende« des »Vorwärts«, die an das jetzige Modell erinnerten.

Nicht einmal der »Rent a Rüttgers«-Fall wurde seinerzeit als illegal gewertet. Und beseitigt würde diese Grauzone auch durch die nun von den Grünen vorgeschlagene Gleichstellung von Spenden und Sponsoring nicht; dazu bedürfte es jenes Verbots von Sponsoring, das am Mittwoch für die LINKE Petra Sitte vorschlug.

Vielleicht aber würde die Neigung sinken, sich solche Modelle auszudenken, wenn nachvollziehbar wäre, wer wann was bei welcher Partei »gesponsort« hat.

Bisher folgte auf solche Skandale stets die lautstarke, aber folgenlose Entrüstung der jeweils anderen Parteien: Ein Eindruck der Käuflichkeit von Politikerkontakten sei verheerend! Nun will die SPD nicht nur ein Gesetz vorschlagen, sondern auch freiwillig transparenter werden. Der ZDF-Sendung »frontal 21«, die den jüngsten Fall aufgebracht hatte, nannte sie immerhin schon die Gesamtsumme der Sponsoringeinnahmen allein beim Parteitag im Dezember 2015: 550 000 Euro.

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