Platzangst im kleinen Bremen

SPD will Kurswechsel in der Flächenerwerbspolitik

  • Alice Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einem Positionspapier zur Entwicklung neuer Gewerbeflächen will sich die Bremer SPD-Fraktion, Seniorpartner der rot-grünen Koalition der Hansestadt, aus einer Zwickmühle befreien. Dabei geht es um den inneren Widerspruch des eigenen Slogans von der wachsenden Stadt. Denn im kleinsten Bundesland Bremen steht von Natur aus nur eine sehr begrenzte Fläche zur Verfügung. Es fehlt nicht nur Wohnraum, sondern es fehlen auch erschlossene Flächen, diesen zu bauen. Und auch die wachsende Wirtschaft der Hansestadt hat zunehmenden Flächenbedarf.

Kürzlich verursachten Abwanderungen Unruhe in Bremen. Nicht nur Coca Cola zog aus in die niedersächsische Nachbarschaft. Auch der größte Arbeitgeber Bremens, Daimler Benz, mietete dort dringend benötigte Zusatzflächen.

SPD-Fraktionssprecher Matthias Koch erklärte, es solle ein Umdenken in der Partei und auch der Landesregierung angestoßen werden. Man solle nicht mehr nur an der Nachfrage orientierte Flächenerwerbspolitik zu betreiben, sondern auch angebotsorientierte.

Dieter Reinken, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zeichnete vor der geladenen Presse das Schreckgespenst einer Schlafstadt mit Arbeitsplätzen auf der anderen Seite der Landesgrenze. Was nicht ganz ernst gemeint sein konnte angesichts von über 100 000 Pendlern, die täglich nach Bremen zum Arbeiten kommen.

Reinken schlägt privat-öffentliche Kooperationen vor: Zur Finanzierung von Flächenankauf und -erschließung solle die Zusammenarbeit mit privaten Investoren nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Gewerbeflächen könnten so vermarktet werden, bevor sie noch voll erschlossen seien. Außerdem soll bereits ausgewiesenen Gewerbeflächen Vorrang eingeräumt werden. Privat-öffentliche Kooperationen sind ein heißes Eisen in Bremen, das seit seiner Gründung vor 70 Jahren von der SPD regiert wird - mal allein, mal in Koalition.

Doch was ist mit dem 30-Hektar-Gelände der ehemaligen Baumwollkämmerei im Blumenthal? Wenn es an Flächen fehlt - warum tut sich dort nichts? Das Gelände, sagt Reinken, läge in einer »schwierigen Umgebung«, was die Vermarktung erschwere. Bisherige Versuche seien nicht erfolgreich gewesen.

Tatsächlich hat das Gelände jedoch eine hervorragende Anbindung an drei Autobahnen, an die Wasserstraße Weser, dazu einen eigenen Gleisanschluss sowie Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs. Reinkens Credo vom Gewerbe, das Arbeit bringt und Armut vertreibt, wäre genau das, was Blumenthal mit seinem hohem Anteil Arbeitsloser und in Armut Lebender gebrauchen könnte. Aber der SPD-Sprecher winkt ab. Es gäbe woanders einfachere Möglichkeiten, Flächen zu erschließen.

Ob das flott genug gehen wird, sei dahin gestellt. Die Gruppe, die das Diskussionspapier erstellt hat, steht unter Zeitdruck. Der aktuelle Gewerbeentwicklungsplan läuft in drei Jahren aus. Bis dahin sollte der neue Plan in allen Gremien und auch in der Öffentlichkeit durchdiskutiert und angenommen sein.

Immerhin ein Erfolg stellte sich schon ein: Der SPD-Senator für Häfen und Arbeit konnte sich mit dem grünen Senator für Umwelt und Bau nach heftigem, öffentlichen Streit um das frei werdende Kellogg-Gelände im innerstädtischen Hafen einigen. Nun soll es für die Fläche gemeinsame Planungen unter Einbeziehung der ansässigen Firmen geben.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal