Niedriglohn per Tarifvertrag
Eva Roth erinnert an einen folgenreichen Fehler der Gewerkschaften
Im Prinzip hat die Gewerkschaft ver.di recht, wenn sie eine Stärkung der Tarifbindung fordert. Flächentarifverträge sind eine sinnvolle Sache, sie können es Unternehmen erschweren, sich durch niedrigere Löhne Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Allerdings bieten Tarifverträge nicht immer und überall Schutz vor Niedriglöhnen, wie das Beispiel Leiharbeit zeigt. Zeitarbeiter sind über viele Jahre viel niedriger entlohnt worden als Festangestellte, auch wenn sie exakt die gleiche Arbeit erledigt haben. Dafür sind die Gewerkschaften mitverantwortlich. Sie haben bei der Neuregelung der Leiharbeit im Zuge der Agenda 2010 nicht darauf bestanden, dass Zeitarbeiter und Festangestellte bei gleicher Tätigkeit auch gleich bezahlt werden müssen, und zwar ohne Ausnahme. Vielmehr haben sie sich darauf eingelassen, dass von diesem Prinzip per Tarifvertrag nach unten abgewichen werden darf, was dann auch geschah. Immerhin haben einige Gewerkschafter den Fehler irgendwann erkannt. Wobei es Jahre gedauert hat, bis sie deutliche Verbesserungen via Branchenzuschläge für Leiharbeiter durchgesetzt haben. Und eine Gleichstellung gibt es bis heute nicht. Bescheidene Fortschritte gibt übrigens es auch bei der Tarifbindung insgesamt: In Ostdeutschland ist sie nach 2013 wieder leicht gestiegen. Immerhin.
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