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Erbärmliche Justiz

Wolfgang Hübner über den Umgang mit einer couragierten Antifaschistin

Irmela Mensah-Schramm ist Ärger gewöhnt. Die Berlinerin, die seit Jahrzehnten Nazischmierereien in der ganzen Bundesrepublik entfernt oder übermalt, wird von Rechtsextremisten angefeindet, von Wachleuten attackiert, von Bürokraten juristisch verfolgt. Und wenn schon mal eine juristische Instanz zu ihren Gunsten entscheidet, wie jetzt die Görlitzer Staatsanwaltschaft, dann mit einer Begründung, die in ihrer grotesken Banalität zum Himmel schreit. Der Stromkasten, auf dem die 71-Jährige Naziparolen übersprüht hatte, sei schon so bunt bemalt gewesen, dass von Sachbeschädigung keine Rede mehr sein könne. Erbärmlicher kann sich eine Behörde nicht um eine Haltung drücken. Denn die Entscheidung heißt mit anderen Worten: Hätten sich die Nazis für ihre Schmierereien einen weißen Kasten ausgesucht und Mensah-Schramm hätte den Nazidreck darauf übersprüht, wäre sie verurteilt worden.

Was läuft eigentlich schief in einem Land, in dem diese Frau einerseits für ihren Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wird, andererseits wegen dieses Einsatzes immer wieder Gegenstand von Ermittlungen wird? Vielleicht sollten Polizisten, Staatsanwälte und Richter mal einen Workshop bei Mensah-Schramm besuchen. Thema: Erkennen und Bewerten von Nazipropaganda.

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