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Premier Sipilä will Koalition mit Wahren Finnen beenden

Ministerpräsident kündigt Aufkündigung der Zusammenarbeit an / Rechtspartei wählte Islamfeind Halla-aho zu ihrem neuen Vorsitzenden

  • Lesedauer: 3 Min.

Helsinki. Die finnische Regierungskoalition ist im Streit um die Flüchtlingspolitik zerbrochen. Ministerpräsident Juha Sipilä kündigte am Montag in Helsinki an, er wolle nicht länger mit der EU- und einwanderungsfeindlichen Partei Wahre Finnen zusammenarbeiten. Grund ist ein Rechtsruck der Wahren Finnen unter ihrem neuen Vorsitzenden Jussi Halla-aho. Dieser ist wegen islamfeindlicher und rassistischer Äußerungen vorbestraft.

Sipilä kündigte an, er werde aller Voraussicht nach den Rücktritt seines Kabinetts einreichen. Die aktuelle Koalition besteht seit Mai 2015 aus der Zentrumspartei des Ministerpräsidenten, der konservativen Nationalen Sammlungspartei von Finanzminister Petteri Orpo und den Wahren Finnen. Sipilä und Orpo wollen zum Bruch der Regierung noch ihre Parteien befragen.

Sipilä schrieb zuvor auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter, er sehe keine Möglichkeiten mehr, »die es uns erlauben würden, mit den Wahren Finnen unter der Führung von Halla-aho zusammenzuarbeiten«. Finanzminister Orpo äußerte sich ähnlich.

Die Wahren Finnen hatten am Sonntag den Rechtsaußen-Politiker Halla-aho zum neuen Chef gewählt. Der 46-Jährige folgt dem langjährigen Parteichef Timo Soini nach, der Finnlands Außenminister ist und als gemäßigt gilt.

Halla-aho war 2012 vom Obersten Gerichtshof Finnlands wegen Aufstachelung zum Rassenhass und Blasphemie zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte in seinem Blog den Islam mit Kindesmissbrauch in Verbindung gebracht. Vor einigen Wochen forderte er zudem die EU-Kommission auf, Hilfsorganisationen zu bestrafen, die sich um die Rettung von Migranten auf ihrer Überfahrt über das Mittelmeer nach Europa kümmern.

Nach seiner Wahl zum Vorsitzenden machte er klar, dass er für einen härteren Kurs seiner Partei bei den Themen Asyl und Migration steht. Um das Vertrauen der Wähler zu gewinnen, müsse die Partei in jenen Punkten »aggressiver« auftreten, die sie von anderen Parteien unterschieden, sagte Halla-aho bei seiner im Fernsehen übertragenen Rede vor dem Parteitag. Am Montag erklärte er, es gebe zwischen ihm und dem Ministerpräsidenten offenkundig keine Möglichkeit zur Annäherung in der Einwanderungspolitik.

Beobachter gehen davon aus, dass Halla-aho den Gang in die Opposition vorzieht. Die Umfragewerte der Wahren Finnen sind seit Eintritt in die Regierung stetig gesunken. Die EU-feindliche Partei kommt derzeit laut Meinungsforschern nur noch auf rund neun Prozent der Stimmen. Bei der Parlamentswahl 2015 war sie mit 17,7 Prozent noch drittstärkste Kraft geworden.

Um erneut die Regierung zu bilden, braucht Ministerpräsident Sipilä Koalitionspartner. Finnische Medien gehen davon aus, dass er Gespräche mit der liberalen Schwedischen Volkspartei führen wird, die die schwedischsprachige Minderheit vertritt. Auch die Christdemokraten gelten als möglicher Partner. Alternativ wäre eine vorgezogene Parlamentswahl möglich. Agenturen/nd

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