Pistorius fordert Asyllager in Libyen

Mit Auffanglagern in Nordafrika will SPD-Politiker Italien entlasten

  • Lesedauer: 2 Min.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich am Montag für Auffanglager in Libyen ausgesprochen. Gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« warnte er vor einem Kollaps Italiens und verwies auf die dort anstehenden Parlamentswahlen. Pistorius ist im SPD-Wahlkampfteam für das Thema Innere Sicherheit zuständig. Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte bereits vergangene Woche Hilfen für Italien gefordert und vor einer angeblich bevorstehenden Flüchtlingsbewegung nach Deutschland gewarnt.

Nach Pistorius Vorschlag könnten in Nordafrika Beamte der EU oder des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) Asylanträge vorläufig prüfen. Bei den Libyern soll der Wille zur Kooperation mit Geldzahlungen geweckt werden. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte am Dienstag, das Asylrecht dürfe nicht »outgesourct« werden. Nach Pistorius Plan würden Migranten, die in Nordafrika einen positiven Bescheid erhalten, nach Europa gebracht, um dort abermals ein reguläres Asylverfahren zu durchlaufen.

Monatlich gelangen über Libyen zehntausende Migranten nach Europa. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte vergangene Woche den EU-Mitgliedsstaaten gedroht, notfalls ohne deren Zustimmung Auffanglager zu errichten. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verhandelt seit längerem mit etlichen regionalen Machthabern im zerrütteten Wüstenstaat. Dabei geht es um ein Friedensabkommen, zugleich aber auch - wie ein im April öffentlich gewordenes EU-Papier dokumentiert - um die Errichtung von Auffanglagern. Im Januar hatte ein Drahtbericht des Auswärtigen Amtes für Aufregung gesorgt, in dem ein Diplomat von »KZ-ähnlichen Verhältnissen« in libyschen Flüchtlingslagern berichtete.

In der SPD sind von der EU errichtete Asylzentren umstritten. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte im Februar gefordert, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Nordafrika zurückzubringen. Außenminister Sigmar Gabriel lehnte den Vorstoß jedoch ab. Flüchtlingsabkommen mit instabilen Ländern wie Libyen seien unmöglich. Auch Martin Schulz hatte die Idee als nicht umsetzbar bezeichnet. flh

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.