Warschau nennt EU-Vorwürfe unbegründet

Im Streit um Polens Justizreform und Rechtsstaatlichkeit droht weitere Eskalation

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Im Streit um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz zeichnet sich eine weitere Eskalation ab. Die Regierung in Warschau ließ am Montag eine Frist der EU-Kommission tatenlos verstreichen. Stattdessen teilte sie der Brüsseler Behörde lediglich erneut mit, dass sie die Kritik an ihren Justizreformen für gegenstandslos halte. »Die Bedenken der EU-Kommission sind unbegründet«, erklärte das Warschauer Außenministerium auf seiner Webseite. Die Änderungen in Polens Justiz würden europäischen Standards entsprechen.

In einem Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Polen hatte die EU-Kommission die Regierung in Warschau am 26. Juli aufgefordert, alle kritisierten »Missstände« binnen eines Monats zu beseitigen. Sie will die Antwort aus Warschau nun »sorgfältig prüfen« und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

Vor einem Monat hatte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans damit gedroht, gegen Polen ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einzuleiten. Dieser sieht vor, dass Staaten, die schwerwiegend und anhaltend gegen europäische Grundprinzipien verstoßen, das Stimmrecht bei Abstimmungen im EU-Ministerrat entzogen werden kann.

Konkret ist die EU-Kommission der Meinung, dass nach mehreren Reformen die Unabhängigkeit der polnischen Justiz nicht mehr gewährleistet ist. Deswegen verlangt sie als »Hüterin der Verträge«, die Gesetze zur Justizreform entweder zurückzunehmen oder in Übereinstimmung mit EU-Standards zu bringen.

Die Reform ermächtigt unter anderem den Justizminister Zbigniew Ziobro, Gerichtsvorsitzende nach Belieben auszutauschen. Zudem baute die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) das Verfassungsgericht nach ihren Vorstellungen um. Unabhängig von dem Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit hat die EU-Kommission noch ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Dieses könnte in letzter Instanz dazu führen, dass der Europäische Gerichtshof Teile der Justizreform für unvereinbar mit EU-Recht erklärt. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal