Autos in der Tradition des Bauhauses

Der Formgestalter Lutz Rudolph prägte das DDR-Straßenbild und viele Wohnungen - eine Schau in Gera würdigt ihn

  • Doris Weilandt, Gera
  • Lesedauer: 3 Min.

Lutz Rudolph (1936-2011) gehörte seit Beginn der 1960er Jahre zu den Formgestaltern in der DDR, die Maßstäbe auf dem Gebiet des Produktdesigns setzten. Seine Entwürfe für die Fahrzeug- und Elektroindustrie orientierten sich nicht an modischen Trends. Vielmehr verstanden sie sich als in der Tradition des Bauhauses stehende moderne Formen. Durch ihre Zeitlosigkeit sollten sie viele Jahre Bestand haben. Rudolphs 1961 entworfene Stehleuchte »Typ 8428 Kontrast« wurde zum Designklassiker. Im letzten Jahr wäre der in Gera geborene Formgestalter 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt das Museum für Angewandte Kunst im thüringischen Gera eine Retrospektive zu seinem Gesamtwerk.

Zusammen mit seinem Künstlerfreund, dem Chemnitzer Formgestalter Karl Clauss Dietel (geb. 1934), entwickelte Rudolph eine eigene funktionale Ästhetik, die als »Das offene Prinzip« Designgeschichte geschrieben hat. Diese funktionale Ästhetik wird an Rundfunkgeräten der Firma HELI-Radio und bei den Mopedserien Simson S 50/51 sichtbar.

Lutz Rudolphs Ideen waren dem Zeitgeschmack oft weit voraus. Viele Designentwürfe für die DDR-Fahrzeugtypen Wartburg, Trabant und Barkas trafen in den Entwicklungsabteilungen der Automobilwerke auf großes Interesse. Der neue Barkas B 1100 lief bereits im Probebetrieb, als das Projekt Anfang der 1970er Jahre aus wirtschaftspolitischen Gründen staatlicherseits gestoppt wurde - die Entwürfe verschwanden für immer in der Schublade. Rudolph beschäftigte sich auch mit Selbstmontagemöbeln, Kunst am Bau und Corporate Design.

Die Wohnung war für Rudolph der wichtigste Kulturraum, der Menschen bildet. Die Gestalt der Dinge, die sich darin befinden, nimmt Einfluss auf das Lebensgefühl der Bewohner und ihre sinnliche Empfindung - davon war Lutz Rudolph überzeugt. Die von ihm entworfenen Bestecke sind ohne Dekor, die Griffe schlank und gerade. Die Form soll langsames und damit genussvolles Essen fördern. Die Stehlampe mit dem kleinen Vermerk »Luxusdesign« wurde zum Kultobjekt. Es gab kaum einen Künstler in Berlin, der sie sich nicht im Atelier oder in der Wohnung hatte.

Auch Rudolphs Stahlrohrsessel U ist ein zeitloser Klassiker mit klarem Bezug zum Bauhaus. »Bei dem hier vorgestellten Sessel bilden vier U-förmige verchromte Stahlrohre und sechs gerade Rohre das Gestell, in dem zwei Segel aus naturfarbigem Leinen verspannt sind«, erklärte der Designer. Doch er arbeitete nicht nur an Dingen, die zeitlos sind. Er suchte auch nach Materialien, die durch Gebrauch schöner wurden und die durch ihr Alter an Charakter gewinnen.

In der Geraer Ausstellung werden die wichtigsten Stationen des Wirkens von Lutz Rudolph vorgestellt - anhand von originalen Objekten, Zeichnungen, Fotos sowie Zeitzeugnissen künstlerischer Weggefährten. Zu sehen sind Automodelle und Motorroller, die nie in die Serien-Produktion gelangten. Im Foyerbereich wird die Installation »Folge der Generationen« der Berliner Künstler Ania Rudolph und Rainer Görß gezeigt, die einen tiefen Einblick in das Leben und Wirken der Geraer Künstlerfamilie Rudolph vermittelt.

Die Ausstellung zum Werk von Lutz Rudolph im Museum für Angewandte Kunst Gera öffnet am 29. September und wird bis zum 26. November gezeigt; Mittwoch bis Sonntag und Feiertag von 12 - 17 Uhr

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