Kündigung nicht »nach Belieben«

BGH: Wohnungsräumung war nicht zulässig

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Eigentümer vermieteter Immobilien haben »keinen uneingeschränkten Anspruch auf Gewinnoptimierung«: Auch nachvollziehbaren wirtschaftlichen Interessen stehen die verfassungsrechtlich geschützten Belange der Mieter gegenüber, wie am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) betonte. Demnach ist eine Mietkündigung zur wirtschaftlichen Verwertung eines Gebäudes nur zulässig, wenn die sonst bestehenden Nachteile für den Eigentümer die Nachteile des Mieters deutlich übersteigen. (Az: VIII ZR 243/16) Ein solcher Nachteil sei nicht schon gegeben, »wenn der Eigentümer einer vermieteten Wohnung mit dieser - im Interesse einer möglichen bloßen Gewinnoptimierung - nicht nach Belieben verfahren kann«, heißt es.

»Es reicht nicht aus, wenn man sagt, das passt mir aber so besser«, sagte die Vorsitzende Richterin Karin Milger bei der Verhandlung am Mittwoch in Karlsruhe. Hintergrund ist ein Fall aus St. Blasien. Ein Investor hatte dort im Jahr 2015 ein Wohnhaus gekauft und den Mietern gekündigt sowie anschließend auf Räumung geklagt. Er begründete dies damit, das Gebäude abreißen zu wollen, um das Modegeschäft einer Schwestergesellschaft im Nachbarhaus - das ihm ebenfalls gehört - zu vergrößern.

Die Vorinstanz hatte dagegen nichts einzuwenden. Für den Laden sei die Erweiterung eine Existenzfrage, hieß es in deren Urteil. Der BGH kritisierte am Mittwoch, dass das Landgericht diese Behauptung nicht mit Tatsachen belegt hätte, und wies die Räumungsklage ab. Die Immobiliengesellschaft habe »nicht einmal ansatzweise« dargelegt, dass das Modehaus nur durch eine Erweiterung auf dem Nachbargrundstück dauerhaft gesichert werden könne. Zudem müsse es bei einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen um Nachteile des Vermieters selbst gehen, nicht um solche einer Schwestergesellschaft. Das Haus war in der Zwischenzeit allerdings abgerissen worden, die Ex-Mieter haben ihre Wohnungen also bereits verloren. dpa/nd

Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal