Entenspiel im Off

Kriminaltheater: »Ein Mord wird angekündigt«

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach neuem Klatsch im Provinzkurier giert ganz Chipping Cleghorn. Auch im Hause Blacklock wird freitags nach ihm gegriffen, sind die Anzeigen stets ein Quell des Vergnügens. Diesmal auch des Schreckens, wird doch für kommenden Abend ein Mord im eigenen Domizil angekündigt. »Freunde und Bekannte sind herzlich eingeladen ...«

Wolfgang Rumpf inszenierte den Besuch nach dem 1950 erschienenen Roman »Ein Mord wird angekündigt« von Agatha Christie. Die Bühne fährt Kontrastprogramm. Neben Gegenwartsthrillern kommt mit dem Stück wieder ein Klassiker ins Spiel. Spannend daran war schon, wie Rumpf es schaffen wird, das halbe Dorf davon abzubringen, tatsächlich einzutrudeln wie im Buch. Er lässt Leute erkranken, anderswo unterwegs sein. Weitere werden am Telefon abgewimmelt.

Aufgebrummt wird dem ermittelnden Inspektor Craddock jedoch eine ältere Dame, deren Spürsinn einen pensionierten Kollegen faszinierte. Zufällig sei diese Jane Marple gerade bei ihrem Neffen im örtlichen Pfarrhaus zu Besuch. Rumpf holt sie schneller als im Buch in die Handlung. Widerwillig begegnet ihr Craddock. Er und Marple beharken sich zunächst arrogant, lösen aber den Fall gemeinsam.

Rumpfs Marple ist keine charmante alte Jungfer, sondern eine scharfsinnige junge Alte, für die er Gundula Piepenbring glaubwürdig einsetzt. Als ihr Widerpart Craddock bringt Karl-Heinz Barthelmeus Verve mit. Unglaubliche Verstrickungen erdachte Christie um Morde im Roman, in dem kaum jemand der ist, der er zu sein vorgibt. Die Regie konzentriert sich auf die wesentlichsten und hält so gekonnt die Spannung.

Beherrscht im Spiel ist Katrin Martin als Letitia Blacklock. Fröhlich um sie herum sorgt Vera Müller als ihre altersmerkwürdige, Freundin Dora für Komik. Auch gemeinsam mit den im Roman keineswegs nebensächlichen Enten im Off. Hysterisch wie Agatha Christie sie erdachte, spielt Susanne Meyer die Köchin Mitzi mit Sirenenstimme. Gläser könnten bei ihrem Lachen zerspringen.

Einiges kommt durch die Hintertür. Was haben eigentlich die für länger im Hause aufgenommenen jungen Leute zu verbergen? Maria Jany als überzeugend sanftmütige Philippa, Alexandra Maria Johannknecht und Oliver Gabbert herrlich spottend als Julia und Patrick deckeln ein Menge Fakten. Und was macht den häufigen Besucher Edmund Swettenham verdächtig? Dessen Verlegenheit, die der Regisseur da Gunnar Haberland auferlegt, wirkt etwas albern.

Aus dem Fundus holte Mirjam Kastner die Kostüme. Überwiegend scheußlich, jedoch für die fünfziger Jahre auf dem englischen Lande sicher treffend. Sachlich dazu das Bühnenbild von Manfred Bitterlich mit Gazettenschriftsatz beklebten Möbeln vor altrosa Hintergrund mit einer Karikatur der Christie. Die Ahnung, sie würde diese Krimödie mit Augenzwinkern sehen, erfüllt sich.

Nächste Vorstellungen ab 8. Oktober im Kriminaltheater, Palisadenstr. 48, Friedrichshain

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal