»Jeder sollte mal nach Iran fahren«

Volleyballer Dirk Westphal ist zurück in Deutschland. Mit Düren verpasste er einen Pokalcoup

Ihre Mannschaft hat zu Saisonbeginn klar gegen die Berliner Volleys gewonnen. Auch im Pokal führten Sie beim Meister nun mit 2:0. Waren Sie sich dann zu sicher, dass sie wieder gewinnen würden?

Nein. Wir haben sehr ordentlich gespielt im ersten Satz. Die Berliner fanden überhaupt nicht ins Spiel und wir konnten ihnen mit einer guten Abwehr den Zahn ziehen. So lief das bis zur Mitte des dritten Satzes ganz gut. Doch dann hat uns Steven Marshall mit seiner starken Aufschlagserie aber verunsichert. Da kippte das Spiel.

Zur Person
Dirk Westphal spielte in Italien, Belgien, Polen, Frankreich und sogar Iran Volleyball. Mit 31 ist er zurück in Deutschland und schmettert für die Powervolleys Düren. Zum Saisonstart besiegten sie die Berlin Volleys mit 3:0, das Pokalachtelfinale wurde nun aber mit 2:3 verloren. Danach sprach Westphal mit Oliver Kern über Cleverness, Sprunghöhe und Vorurteile.

Aber ein solches Volleyballspiel, das mehr als zwei Stunden andauert wird ja nicht mit einer Serie von fünf Aufschlägen entschieden.

Sicher nicht. Es kamen noch zwei Berliner Auswechslungen dazu, die gestochen haben: Ihr Diagonalangreifer Kyle Russell hat seine Sache sehr gut gemacht, und vor dem neuen Zuspieler Pierre Pujol muss man den Hut ziehen, wie er in seinem ersten Spiel hier agiert hat. Das zeichnet nun mal die Qualität der BR Volleys aus, dass sie bei einem 0:2-Rückstand Optionen haben, mit denen sie reagieren und so ein Spiel noch drehen können.

Hat Düren diese Optionen nicht? Ist das der Unterschied zwischen Ihnen und dem deutschen Meister?

Das ist schwer zu sagen. Wir haben viele gute Spieler auf der Ersatzbank. Aber sie sind noch jung und wollen natürlich vor so einer Kulisse zeigen, was sie drauf haben. Da agieren sie in ein, zwei Situationen vielleicht nicht clever genug. Die haben alle großes Potenzial, und sie werden uns noch sehr viel helfen in diesem Jahr. So eine große und laute Halle haben sie aber alle noch nie gesehen.

Auch sie schienen keine Lösungen mehr zu finden und schüttelten den Kopf, als sie mal wieder geblockt wurden und die Berliner Abwehr sich auch zusehends auf ihre weichen Leger einstellte.

Ich bin ja nicht mehr der Junge, der so hoch springt, dass er über den Block drüber schlagen könnte. Deswegen muss ich mir anders helfen, und hier und da auch mal den Ball über den Block drüber legen. Wenn man einen super Blocker wie Russell direkt vor sich hat, ist es auch nicht sinnvoll, mit Wucht da reinzuhauen und den Ball dann gleich wieder vor die eigenen Füße zu bekommen. Wir haben das insgesamt eigentlich gar nicht schlecht gemacht. Unsere Annahme hat übers ganze Spiel gut gehalten, aber es stimmt: Im Angriff sind wir am Schluss zu oft gescheitert.

Sind Sie trotzdem überrascht, dass es gleich zu Beginn der Saison so gut läuft? Mit Ihnen sind es immerhin sechs neue Spieler, die integriert werden mussten.

Überrascht bin ich nicht, weil wir eine gute Saisonvorbereitung hatten. Wir hatten recht früh fast alle Leute beisammen und konnten uns gut aufeinander einstellen. Das ist immer das Problem der BR Volleys mit all ihren Nationalspielern. Die kommen erst spät zusammen. Das ist bei uns etwas einfacher. Da kam es uns gelegen, früh auf starke Gegner wie Berlin zu treffen. Schade, dass es im Pokal nicht ganz gereicht hat.

Sie spielten in der vergangenen Saison in Iran. Was hatte Sie dazu bewogen, dorthin zu wechseln.

Ich stand damals bei KW-Bestensee unter Vertrag, allerdings nur mit einem Minimalgehalt, und um mich fit zu halten. Es war abgemacht, dass ich weg bin, sollte ein besseres Angebot kommen. Das kam dann aus Täbris, und es passte sehr schön in meine damalige Lebenssituation. Ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr so weit weg und lange ins Ausland zu gehen. Dadurch, dass das Engagement nur auf fünf Monate ausgelegt war, blieb es erträglich für die Familie.

Wie war es denn?

Es war eine Supererfahrung. Ich kann nur jedem Menschen empfehlen, mal dorthin zu fahren. Iran ist ein ein sehr schönes Land mit sehr vielen freundlichen Menschen, die alle ein bisschen leiden unter den Repressalien und ihrem schlechten Image. Sobald man eine Autopanne hat, dauert es keine drei Minuten, und schon hast du jemanden, der dir hilft. Du wirst nie alleingelassen. Du findest immer jemanden, bei dem du auf der Couch schlafen kannst, wenn du einen Unterschlupf brauchst.

Hat sich Ihr eigenes Bild der Iraner dadurch verändert?

Ich kannte ja nur die Beschreibungen aus den Medien. Jeder hat so seine Vorurteile, aber ein richtiges Bild von Ihnen hatte ich nicht. Jeder, der Vorurteile gegenüber Muslimen hat, sollte mal nach Iran fahren. Dort leben wirklich tolle Menschen.

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