CO 2 -Emissionen steigen weltweit wieder an
Industrie stößt 37 Milliarden Tonnen aus / Forscher fordern Maßnahmen gegen den Klimawandel
Der Höhepunkt bei den globalen Treibhausgasemissionen schien eigentlich schon erreicht zu sein. Drei Jahre in Folge stiegen die CO2-Emissionen trotz anhaltenden Wirtschaftswachstums nicht weiter an. Doch nun vermeldet das Forscher-Netzwerk »Global Carbon Project« auf der UN-Klimakonferenz in Bonn für 2017 einen Zuwachs um etwa zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Industrie und Kraftwerke weltweit werden 37 Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen. Hinzu kommen Emissionen aus Landnutzungsänderungen, etwa durch Waldrodung (41 Milliarden Tonnen CO2).
Bestätigt sich die Prognose, wird die Menschheit so viel Kohlendioxid ausstoßen wie nie zuvor. »Das ist sehr enttäuschend«, sagte Corinne le Quéré, Direktorin des Tyndall Zentrums für Klimawandelforschung an der Universität East Anglia und Mitautorin des Berichts. »Die Zeit läuft uns davon in unserer Fähigkeit, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu halten, geschweige denn auf 1,5 Grad.«
Hauptgrund für den Rückschlag ist das Wiedererstarken der chinesischen Wirtschaft. Die Volksrepublik ist als größter CO2-Emittent für 28 Prozent des weltweiten Ausstoßes verantwortlich. Weil die Wasserkraftwerke des Landes infolge geringer Niederschläge zugleich weniger Energie lieferten, legte der Kohleverbrauch in China um drei Prozent zu. Und das ließ die Emissionen des Landes nach zwei Jahren Stagnation um 3,5 Prozent steigen.
Aber auch der Westen ist nicht auf dem richtigen Pfad. Zwar gingen die Emissionen in den USA und Europa zurück - aber nur leicht. »Dies reicht nicht aus, um den Anstieg in den Entwicklungsländern auszugleichen«, sagt Glenn Peters, Direktor des Klimaforschungszentrums CICERO in Oslo.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: In 22 Ländern gingen in den vergangenen zehn Jahren die Emissionen trotz wachsender Wirtschaft zurück. Positiv vermerken die 76 Forscher von 57 Institutionen aus 15 Ländern in ihrem Bericht auch die Entwicklung in Indien: Beim viertgrößten CO2-Emittenten stieg der Ausstoß in diesem Jahr um zwei Prozent - in der vergangenen Dekade waren es noch sechs Prozent pro Jahr.
Blickt man über 2017 hinaus, ist ebenfalls ein erfreulicher Trend zu erkennen: Wie die Klimaanalytiker vom Carbon Action Tracker mitteilten, steuere die Welt bis Ende des Jahrhunderts mit den derzeitigen politischen Maßnahmen aller Länder auf eine Erderwärmung von 3,4 Grad zu. Das sind 0,2 Grad weniger, als bisher vorausgesagt. Dafür ist abermals vor allem China verantwortlich, das seine Wachstumsraten beim CO2-Ausstoß spürbar gesenkt hat.
Vom Zwei-Grad-Ziel der UNO ist man aber weit entfernt. Daher mahnten internationale Forscher in einem Appell zum Auftakt der zweiten Verhandlungswoche in Bonn Maßnahmen gegen den Klimawandel an. Die Erde nähere sich Kipp-Punkten, bei deren Überschreiten abrupte, potenziell unumkehrbare Veränderungen in Ökosystemen wie der Arktis oder dem Amazonas-Gebiet drohten.
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