Riesenhunger auf Zwergwal

Norwegen erhöht die Jagdquote, um heimische Nachfrage und Japan-Export zu befriedigen

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 3 Min.

»Walfleisch ist schmackhaft und gesund für die Menschen und darüber hinaus möchte ich der norwegischen Walfangindustrie die weitere Existenz sichern«, erklärte Per Sandberg, Minister für Handel, Industrie und Fischerei, bei der Veröffentlichung der Walfangquote 2018. Für diese Saison werden 1278 Zwergwale in den norwegischen Gewässern für die Jagd freigegeben. Damit wird die Quote gegenüber dem Vorjahr um 300 Tiere erhöht.

Eigentlich ist der Walfang weltweit komplett verboten und die meisten Walarten einschließlich der Zwergwalpopulationen in der Antarktis und Arktis mit Ausnahme des kleineren ostgrönländischen Bestandes komplett geschützt. Doch das Moratorium der Walfangkommission hat Ausnahmen, die von den letzten interessierten Walfangnationen ausgenutzt werden. Zum einen dürfen ursprüngliche Völker der Nordhalbkugel einige Tiere zur Aufrechterhaltung ihrer kulturellen Traditionen erlegen und zum anderen dürfen Fangquoten festgelegt werden zu wissenschaftlichen Untersuchungen. Norwegen, das wahrscheinlich größte Walfängerland, beruft sich auf beide Möglichkeiten. Verbürgt ist, dass schon die Vorfahren der modernen Norweger, die Wikinger, bereits im 9. Jahrhundert Wale erlegten. Darüber hinaus sieht es Norwegen wie auch Japan und Island als notwendig an, jährlich Hunderte Zwergwale zu erlegen, um die wissenschaftliche Neugier zu befriedigen. Welche Forschungen die Jagd notwendig machen, wird der Öffentlichkeit dabei nicht weiter erklärt. Die ministerielle Erklärung kommt der Wahrheit wohl wesentlich näher als die anderen schamhaften Erklärungen. In Norwegen wie auch in Island steht das Walfleisch in manchen Restaurants auf der Speisekarte und kommt auch abgepackt in den Handel. Was der heimische Markt nicht aufnehmen kann, kommt in den Export. Japan ist der einzige Exportmarkt, dafür aber einer mit unstillbarem Appetit.

Die »Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen« (IUCN) hat die Zwergwale auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere gesetzt. Ihr Bestand wird auf der Nordhalbkugel auf 100 000 bis 200 000 Tiere und auf 760 000 Tiere auf der Südhalbkugel geschätzt. Biologen gehen davon aus, dass die Zwergwale von der Jagd auf Großwale profitierten, da die reduzierten Bestände ihnen mehr Lebensräume boten. Auf dieser Grundlage bezeichnet das norwegische Ministerium die Fangquote als wissenschaftlich fundiert und ungefährlich für die Aufrechterhaltung des Bestandes.

Nach Angabe des Ministeriums wurden in den vergangenen drei Jahren 660, 591 bzw. 432 Wale erlegt und die Quote wurde damit in keinem Jahr ausgenutzt. Warum sie für 2018 erhöht werden musste, wurde durch das Ministerium nicht erklärt. Im Übrigen war es kein Problem für Norwegen, das generelle Jagdverbot auf Wale zwischen 1985 und 1993 einzuhalten. In jenem Jahr beschloss die norwegische Regierung, das Moratorium nachträglich nicht anzuerkennen und nahm die Jagd wieder auf. Island wählte einen anderen Weg und verließ die Walfangkommission für einige Jahre und trat ihr erst 2004 wieder bei, ohne das Jagdmoratorium anzuerkennen. Diese Möglichkeit haben Neumitglieder, ohne eine Rüge der Kommission befürchten zu müssen. Abgesehen vom Imageverlust bei Tierfreunden ist dies die einzige Sanktion, mit der Norwegen und Japan jedes Jahr kalkulieren müssen.

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