Linker Coup

Monika Stein hat die Freiburger OB-Wahl von links aufgemischt

»Salomon braucht zweiten Wahlgang« - so klangen manche Schlagzeilen nach der ersten Runde der Oberbürgermeisterwahl in Freiburg. Ganz so, als sei der seit 16 Jahren amtierende Grüne nur mal kurz gestolpert.

Dabei ist das, was sich am Sonntag im Südwesten abgespielt hat, ein politisches Beben, dessen Erschütterungen über die Region hinausreichen. Denn der viel zu selbstsichere Dieter Salomon wurde nicht nur vom jungen Martin Horn auf Platz zwei verwiesen, der von der SPD unterstützt wird. Die eigentliche Sensation lieferte Monika Stein ab - die 48-jährige Lehrerin, die anfangs als Außenseiterin behandelt wurde, war den beiden Männern fast ebenbürtig und erreichte als Drittplatzierte 26,2 Prozent. Stein hatte vor Jahren die Grünen-Fraktion im Rathaus verlassen, mit anderen die Grün-Alternative Liste gegründet und wird jetzt von einem linken Bündnis unterstützt.

Wer nach Ursachen für ihren Wahlerfolg sucht, wird schon bei den Motiven fündig, die sie vor zehn Jahren von den Grünen entfremdeten. Sie wollte nicht länger dem Zwang ausgesetzt sein, sich »zwischen grün und sozial entscheiden zu müssen«. Oft genug erlebte sie, was Sozialkürzungen für Kinder und ihre Familien bedeuten. Entsprechend sieht ihr Wahlprogramm aus: Stein setzt sich für mehr sozialen Wohnungsbau ein, den der amtierende OB »komplett verschlafen« habe; für kostenlosen Nahverkehr, mehr Sozialarbeiter. Sie will etwas gegen die Spaltung zwischen Reich und Arm tun. Kein Wunder, dass sie in manchem sozialen Brennpunkt die meisten Stimmen erhielt. Sie sei zur Stimme der Menschen geworden, die sich »von der grün-schwarzen Mehrheit unter Salomon ausgegrenzt fühlen«, befand Baden-Württembergs Linkspartei.

Stein überzeugte mit einem nicht teuren, aber witzigen Wahlkampf, den die »Badische Zeitung« als am authentischsten bezeichnete. Für den zweiten Wahlgang am 6. Mai spielt sie eine Schlüsselrolle - ganz egal, ob sie erneut antritt (in Baden-Württemberg gibt es keine Stichwahl mit nur zwei Bewerbern) oder zugunsten des SPD-Manns verzichtet.

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