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Bayrische Kirchengelder in den USA verzockt

Bistum Eichstätt legte erstmals seine Vermögensbilanz offen - und damit einen millionenschweren Finanzskandal

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Aus dem Kirchensäckel des Bistums Eichstätt in Oberbayern wanderten ab dem Jahr 2015 viele Millionen in dubiose Immobilienprojekte in den USA. Am Mittwoch bezifferte der neue Finanzdirektor der Diözese, Florian Bohn, bei der erstmaligen Vorstellung des Bistumsvermögens, den dabei wahrscheinlich entstandenen Schaden auf rund 54 Millionen US-Dollar. Das katholische Bistum hatte insgesamt 60 Millionen Dollar (51,5 Millionen Euro) in fragwürdige Anlagen investiert; nur ein Zehntel ist davon bislang zurückgeflossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt deswegen gegen einen Berater und einen Ex-Diözesanmitarbeiter.

Die Kirche geht von einem vollständigen Verlust der noch ausstehenden Millionen aus. »Wir haben es in der Bilanz so behandelt, als würde nichts mehr zurückkommen. Insofern können wir uns nur verbessern«, so Bohn. Zu der Offenlegung des kirchlichen Vermögens sagte Bischof Gregor Maria Hanke: »Wir schließen damit einen Meilenstein in der Transparenzoffensive ab.« Das Bistum Eichstätt hat demnach ein Sachvermögen von 126 Millionen Euro, dabei handelt es sich hauptsächlich um Immobilien. 344 Millionen Euro sind in Wertpapiere oder andere Finanzanlagen investiert.

Es war im Herbst 2015, als der Eichstätter Bischof den Auftrag erteilte, das Vermögen des Bistums nach handelsrechtlichen Grundlagen darzustellen. Den Hintergrund bildete die sogenannte Transparenzoffensive - diese hatten die deutschen Bischöfe gemeinsam angestoßen, um offenzulegen, wie die Kirche mit dem ihr anvertrauten Vermögen, etwa den Kirchensteuereinnahmen, umgeht. Was bei dieser Aktion dann hinsichtlich der Eichstätter Finanzen sichtbar wurde, erschreckte freilich die Geistlichen: Im Mai 2016 entdeckten die Wirtschaftsprüfer eigenartige Finanzanlagen, die intensive Rückfragen nach sich zogen. Dabei handelte es sich um 31 Darlehen, die vom Bistum Eichstätt an US-amerikanische Projektgesellschaften für Immobilien-Entwicklungen in Texas und Florida vergeben wurden. Zurückgezahlt werden sollte das Geld jeweils nach zwei bis fünf Jahren - plus Zinsen von sieben bis zehn Prozent per annum. Eine lukrative, jedoch nicht gesicherte Investition, wie sich bei der Prüfung herausstellte. Der Bistumsangestellte, der die Darlehen vergab, musste für seine Überweisung nach den USA lediglich die Unterschrift seines direkten Vorgesetzten einholen. Das war der ehemalige Finanzdirektor der Kirche - ein Geistlicher und kein Wirtschaftsexperte. Der Mann legte sein Amt Ende 2016 nieder. Der Diözesanvermögensverwaltungsrat, eine Art Aufsichtsgremium, soll von den Investitionen in Übersee nichts gewusst haben. Seine Aufgabe sei es lediglich gewesen, den Vermögenshaushalt zu verabschieden, nicht jedoch, ihn zu kontrollieren.

Das Bistum reagierte auf die Erkenntnis der Wirtschaftsprüfer und verbot weitere geplante Geschäfte. Im September 2016 trennte man sich außerdem von dem verantwortlichen Mitarbeiter. Im Mai 2017 wurde ein fälliger Kredit in Höhe von fünf Millionen Euro nicht zurückgezahlt. Damit verdichteten sich für das Bistum die Anhaltspunkte, dass sowohl der Straftatbestand der Untreue als auch der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vorlägen; man stellte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München II. Dabei wurde neben dem ehemaligen Mitarbeiter ein weiterer Beschuldigter angezeigt.

Zur Diözese Eichstätt gehören rund 402 000 Katholiken, sie ist damit eines der kleinsten deutschen Bistümer. Ihr Gebiet reicht von Ingolstadt im Süden bis nach Nürnberg im Norden. Die Stadt Eichstätt im Altmühltal mit ihren 13 500 Einwohnern ist auch Standort der einzigen Katholischen Universität in Deutschland.

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