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- Treuhandanstalt nach der Wende
Der schlechte Hirte
Kurt Stenger findet nur Pro-Argumente zur Treuhand-Wahrheitskommission
Christian Hirte, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, möchte keine allzu intensive Aufarbeitung des Wirkens der Treuhandanstalt nach der Wende. Vehement lehnt der CDU-Politiker die Forderung aus der Sachsen-SPD zur Einrichtung einer Wahrheitskommission ab. Das rede »ohne Not Assoziationen mit der Brutalität und Unterdrückung des Apartheid-Regimes in Südafrika« herbei, meint Hirte.
Ein sehr schwaches Argument - man könnte ja neutral von Enquête-Kommission sprechen, welche die LINKE-Vorsitzende Katja Kipping fordert. Und gerade wenn man wie Hirte Mythenbildung vermeiden will, müsste man sich für eine genaue Aufarbeitung starkmachen. Die Treuhand hat nun mal viele DDR-Betriebe Glücksrittern und Subventionsbetrügern ausgeliefert, die westliche Konkurrenz hofiert, Massenarbeitslosigkeit ins Land gebracht. Dass dieser Teil der Wende-Wahrheit, den Millionen Ostdeutsche an eigener Haut erfahren haben, offiziell kleingeredet wird, sorgt dafür, dass sich viele Ostdeutsche bis heute als Bürger zweiter Klasse führen.
Ein gutes Vierteljahrhundert danach muss eine schonungslose Auseinandersetzung mit der Treuhandarbeit doch endlich möglich sein. Gerade als Ostbeauftragter sollte Hirte sich dafür starkmachen. Mit seiner Ablehnung entpuppt er sich als der schlechte Hirte des Ostens.
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