Keine leichten Gegner mehr

Titelverteidiger Berlin kämpft um die Volleyballmeisterschaft mit ganz neuen Kontrahenten

Wenn’s nicht läuft, dann ändere was! Schlimmer kann’s nicht werden, und meistens wird es sogar besser. Nach diesem so simplen wie allgemeingültigen Leitsatz leben die BR Volleys in den vergangenen zwei Jahren. Der Seriensieger der deutschen Volleyballmeisterschaft steckt seit 2017 im Umbruch. Zuerst musste der Trainer gehen, dann wurde - nur teilweise gewollt - sukzessive fast die ganze Mannschaft ausgetauscht. So sind die Berliner angreifbar geworden. Vergangenes Jahr wurden sie dennoch Meister, und auch diesmal scheinen sie pünktlich zum Start in die Playoffs zu ihrer Siegermentalität zurückgefunden zu haben.

Vor gut einem Jahr hatte Manager Kaweh Niroomand das Experiment mit einem jungen Trainer auf der Bank mitten in der Saison beendet und Routinier Stelian Moculescu mit der Rettung der Saison betreut. Das gelang durch einen 3:2-Finaltriumph gegen den Dauerrivalen VfB Friedrichshafen. In diesem Jahr war Niroomand mit dem neuen Coach Cedric Enard offenbar zufriedener, aber nicht mit dem deutschen Zuspielerduo Jan Zimmermann und Sebastian Kühner. Denen setzte er nach einigen Niederlagen zu viel in der Hinrunde Sergej Grankin vor die Nase. Mit dem russischen Olympiasieger als Spielgestalter schafften die Berliner nun erneut den Wandel. Mit neun Siegen in Serie sicherten sie sich noch Tabellenplatz drei. Zimmermann ist derweil nach Belgien abgewandert.

An diesem Freitag starten in Deutschland die Playoffs, und die Berliner treffen zunächst daheim auf die Powervolleys aus Düren. Wer zweimal siegt, erreicht das Halbfinale, doch wer das sein wird, ist trotz der jüngsten Erfolge der Hauptstädter keineswegs klar. Mit den nach der Hauptrunde sechstplatzierten Rheinländern, Frankfurt (5.), Lüneburg (4.) und Haching (2.) ist aus dem ewigen Duo Berlin und Friedrichshafen mittlerweile ein Sextett geworden, das sich Hoffnungen auf den Titel machen darf. Düren hatte zum Saisonstart sogar 3:2 in Berlin gewonnen und stand auch daheim kurz vor einem Erfolg, bevor die BR Volleys einen 0:2-Rückstand doch noch drehen konnten.

Insofern gehen beide Kontrahenten selbstbewusst in die Viertelfinalserie. »Unser Trend ist positiv, und das zeigt sich auf dem Spielfeld«, sagte Angreifer Moritz Reichert zuletzt. »Jeder Spieler ist richtig heiß auf das Viertelfinale«, entgegnet Dürens Trainer Stefan Falter, der sich gern an den Auswärtssieg in der Max-Schmeling-Halle erinnert: »Brust raus und breites Kreuz - so werden wir wieder antreten.« Im Gegensatz zur Heimniederlage im Rückspiel steht ihm nun auch wieder ein komplett gesunder Kader zur Verfügung.

Aus diesem Grund spricht Kaweh Niroomand von einem »schwierigen und unangenehmen Gegner«, der erst mal bezwungen werden müsse. »Das wird ein harter Kampf werden, notfalls auch über drei Spiele«, ergänzt Reichert. Besonders mit Dürens Sebastian Gevert hatten die Berliner stets Probleme. Der Chilene ist mit 412 Punkten Topscorer der Liga. »Wir müssen mit guten Aufschlägen verhindern, dass er zu oft frei zum Abschluss kommt«, gibt Niroomand die Taktik vor. Doch auch beim Gegner hat man Respekt vor einem Mann. »Es ist enorm schwer, bei Sergej Grankin ein Muster zu finden, auf das wir uns einstellen können«, sagt Stefan Falter mit Blick auf Berlins Zuspieler. »Aber wir versuchen, etwas zu finden.«

Die leichteste Viertelfinalaufgabe hat sich Vorrundensieger Friedrichshafen verdient, der es ab Sonnabend mit den Bisons aus Bühl zu tun bekommt. Um eine Ablenkung während der Playoffs zu vermeiden, hat VfB-Geschäftsführer Guido Heerstraß bereits jetzt den Namen des neuen Trainers bekannt gegeben: Michael Warm wird den Rekordmeister in der kommenden Saison übernehmen, wenn Vital Heynen sein Amt abgeben wird.

Warm ist österreichischer Nationaltrainer und wird diese Position auch weiterhin bekleiden, eine Doppelbelastung, auf die Heynen künftig verzichten will. Allerdings hat er mit Polens Nationalteam auch Großes vor: Nach dem Weltmeistertitel 2018 will er 2020 eine Olympiamedaille gewinnen. Parallel dazu einen Klub zu trainieren, scheint zu viel Arbeit für einen Mann zu sein. Gut für Friedrichshafen, dass sich Österreich nicht mehr für Olympia qualifizieren kann, und Wurm daher Zeit für die Mannschaft vom Bodensee haben wird.

Noch aber ist Vital Heynen dort Trainer, und ein sehr erfolgreicher obendrein. Seit Amtsantritt 2016 hat er sechs Titel geholt. Nur einer fehlt ihm noch: »Ich will unbedingt noch die Meisterschaft mit dem VfB Friedrichshafen gewinnen«, sagt der Belgier. Bisher standen ihm dabei immer die Berliner Volleys im Weg.

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