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Realitätstest an der Weser
Jana Frielinghaus über den Bremer Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot
Die erste Koalition unter Einschluss der LINKEN im Westen ist ein großer Erfolg ihres Bremer Landesverbandes und der rührigen Bürgerschaftsfraktion. Sie ist jedoch insbesondere auch dem scheidenden SPD-Bürgermeister des kleinsten Bundeslandes zu verdanken. Denn Carsten Sieling hat angesichts der schlechten Umfragewerte für seine Partei früh betont, dass er ein Bündnis mit Grünen und Linkspartei anstrebt. Gegenüber dem bräsigen Bundes-SPD-Mainstream gehört dazu immer noch Mut.
Nun ist der Koalitionsvertrag ausgehandelt. Er enthält viele fortschrittliche Ziele. Wie genau die drei Parteien aber etwa das Landesprogramm für bezahlbares Wohnen, die »soziale Verkehrswende«, Millioneninvestitionen in Schulneubau und -sanierung und die bessere Integration Geflüchteter bei gleichzeitigem Sparzwang finanzieren wollen, konnten sie bislang nicht erklären. Die Grünen hatten eine »nachhaltige Finanzpolitik ohne neue Schulden« zur Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung gemacht, während die LINKE vor der Wahl die Abschaffung der Schuldenbremse, also des Verbots der Neuverschuldung, verlangt hatte.
Schon Mitte Juni hatten die Grünen jedoch verkündet, diese Forderung sei »vom Tisch«. Eine Ansage, die skeptisch macht, was Gestaltungsmacht und -willen der LINKEN betrifft. Auch die Tatsache, dass die Grünen die wichtigen Ressorts Finanzen und Soziales bekommen, schränkt den realen Spielraum der kleinsten Partei im Bunde erheblich ein.
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