Ohne Bildung keine Chancen

Immer mehr junge Menschen folgen dem Ruf der Wirtschaft und studieren

Bildung ist der Schlüssel für einen guten Job. Die Erkenntnis ist nicht neu, aber ein Ländervergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unterstreicht diesen Aspekt in der am Dienstag vorgestellten Studie. Akademiker haben demnach viele Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Für sie gibt es anspruchsvolle Jobs und entsprechend gute Verdienstaussichten. Grund dafür ist die hohe Nachfrage nach Fachkräften in einer Gesellschaft, die sich immer globaler und zunehmend digital ausrichtet.

»Bildung lohnt sich«, schlussfolgerte Ludger Schuknecht, OECD-Vize-Generalsekretär. Es gebe »keinerlei Anzeichen dafür, dass der Arbeitsmarkt für höhere Qualifikationen gesättigt ist«. Vielmehr weise alles darauf hin, dass im Zuge der sich verändernden Arbeitswelt in Zukunft Jobs mit niedrigem Anforderungsprofil wegfallen werden, so Schuknecht.

Die Studie untersucht die Bildungssysteme von 36 OECD-Ländern sowie zehn weiteren Staaten und zeigt anhand von statistischen Vergleichen, wo Deutschland im internationalen Vergleich steht.

Demnach haben junge Menschen in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt deutlich häufiger ein Studium absolviert. So hatte 2008 jeder Vierte (24 Prozent) in der Altersspanne von 25 bis 34 Jahren einen Hochschulabschluss. Im vergangenen Jahr war es bereits jeder Dritte (32 Prozent). Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) wies darauf hin, dass auch die Beschäftigungsrate von Akademikern in den vergangenen zehn Jahren von 76 auf 84 Prozent gestiegen sei. Die Arbeitslosenquote ist zudem gering, sie liegt bei 3 Prozent. Es herrscht annähernd Vollbeschäftigung.

Doch sind die Aussichten auf einen gut dotierten Job nicht für alle Akademiker gleich: Wer Geistes- oder Sozialwissenschaften studiert, hat im Vergleich mit denen, die ein MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) abgeschlossen haben, deutlich schlechtere Aussichten auf eine gut entlohnte Anstellung. Auch sind nach wie vor Frauen deutlich schlechter bezahlt als Männer, was mitunter daran liegt, dass sie häufig für eine längere Zeit Familien- und Sorgearbeit leisten und dadurch schlechtere Aufstiegschancen im Beruf haben.

Im internationalen Vergleich sei das deutsche Bildungssystem passabel aufgestellt, resümierte Schuknecht. Es gebe das angesehene duale Berufsausbildungssystem, das nach wie vor eine Alternative zum Studium ist - deshalb liegt die Akademikerrate in Deutschland noch immer unter dem OECD-Durchschnitt (44 Prozent). Zudem sei mit dem Kita-Ausbau viel für die frühkindliche Bildung unternommen worden. Aber Schuknecht wies darauf hin, dass noch immer ein relativ großer Teil der jungen Erwachsenen keine weiterführende Schule besucht habe, und Geringqualifizierte hätten es auf dem Arbeitsmarkt schwer.

Karliczek verkündete dennoch, dass Deutschland eine »Bildungsrepublik« geworden sei, was Schuknecht einschränkte: Spitzenpositionen im internationalen Vergleich nähmen andere Länder ein. Korea, Japan oder Singapur lägen insbesondere bei der Vorbereitung auf den digitalen Wandel weit vorn. Grund dafür sei nicht eine Unterfinanzierung der Einrichtungen - Deutschland steckt 4,2 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Bildung - vielmehr brauche es »kluge Strategien für die Zukunft«, empfahl Schuknecht.

Für Alexander Lorz (CDU), Kultusminister von Hessen und derzeitiger Vorsitzender der Kultusministerkonferenz, gibt es vor allem in der Förderung der Geringqualifizierten Handlungsbedarf. »Das ist eine entscheidende Stellschraube, um die Bilanz zu verbessern.« Insbesondere Zugewanderte bräuchten eine effektive Sprachförderung, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen.

Nicole Gohlke, wissenschaftspolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, vermisst den Willen, in mehr Bildungsgerechtigkeit zu investieren. Sie klagt über fehlende Visionen für eine lebendige Hochschullandschaft, stattdessen würden nur die Eliteuniversitäten unterstützt. »Verloren haben all jene an den vielen anderen Hochschulen. Sie kämpfen mit überfüllten Studiengängen, fehlender Qualitätsentwicklung in der Lehre und maroden Gebäuden.« Verantwortlich dafür sei die Bundesregierung, die zuletzt »die Pro-Kopf-Ausgaben für Studierende auf ein 14-Jahres-Tief« hat sinken lassen.

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