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Voll auf Verfassungslinie
Martin Kröger über das neue Gutachten zum Enteignen
Wenn es nach den bisher bekannten Gutachten geht, ist die Sache entschieden: Sechs Untersuchungen kommen bislang zu dem Schluss, dass das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« rechtmäßig ist. Nur eine Expertise, die im Auftrag des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen erstellt wurde, behauptet das Gegenteil. Man darf jetzt gespannt sein, welches Urteil der Senat in dieser Sache fällt - und am Ende gegebenenfalls das Berliner Verfassungsgericht, falls es dazu angerufen wird.
Das am Mittwoch bekannt gewordene Gutachten des Staatsrechtlers Joachim Wieland ist in der aktuellen Debatte auf jeden Fall ein Pfund. Es legt minutiös dar, dass die Grundgesetz-Väter und -Mütter eben sehr wohl die Möglichkeit von Enteignungen gegen Entschädigung vorgesehen haben. Im Grundgesetz ist eben nicht festgelegt, welche Wirtschaftsordnung die Bundesrepublik einnehmen sollte - auch eine sozialistische Möglichkeit lässt die Verfassung theoretisch zu. Am Ende wurde es eine soziale Marktwirtschaft. Dass die Zustände auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht mehr sozial sind, muss wohl selbst der härteste Marktverfechter einräumen.
So oder so befeuert das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« die Berliner Debatte zum Mietenwahnsinn weiter. Gut möglich, dass der Senat irgendwann ein Vergesellschaftungsgesetz vorlegen muss. Entweder, um einen Volksentscheid abzuwenden, oder nachdem die Initiative einen Volksentscheid gewonnen hat. Dann wird es ernst für Rot-Rot-Grün, denn ein solches Gesetz wäre wirklich juristisches Neuland.
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