Pattsituation im Streit um Hilfskonvois

Russland und China blockieren deutschen Vorschlag zur Hilfsgüterlieferung in syrische Rebellenhochburg Idlib

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 3 Min.

Die syrischen Streitkräfte setzen ihre Offensive in der Provinz Idlib fort. Ziel ist es, die Kontrolle über zwei wichtige Autobahnverbindungen zurückzuerlangen und islamistische Kampfverbände zu zerschlagen. Oppositionelle Gruppen sprachen im Zuge dessen von heftigen Angriffen auf die Zivilbevölkerung, dabei sei auch eine Schule bombardiert worden, die als Notunterkunft genutzt wurde. Acht Personen sollen dabei getötet worden sein. Die syrische Beobachtungsstelle berichtet gleichzeitig von einer heftigen Offensive der Kampfverbände gegen Stellungen der syrischen Armee. Sowohl Syrien als auch Russland haben derzeit die Luftangriffe eingestellt.

Die USA und Europa verurteilen die Militäroperation. Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte laut dpa, die humanitäre Situation in Idlib sei katastrophal und verschärfe sich durch die Kämpfe. Maas forderte »ein sofortiges Ende der Angriffe und eine dauerhafte Waffenruhe.« US-Präsident Donald Trump warnte Syrien und seinen Verbündeten Russland davor, in Idlib weiter »Menschen zu töten«. Die Türkei werde eine Lösung für Idlib finden, kündigte Trump an. Tatsächlich ist die Lage dramatisch: Die Vereinten Nationen sprechen von mehr als 200 000 Vertriebenen, die vor den Kämpfen in Richtung Türkei geflohen seien. Das UN-Nothilfeprogramm drängt auf internationale Hilfe für die notleidende Bevölkerung, die Angst, Kälte und Regen ausgesetzt sei. Die Regierung in Ankara warnt davor, dass Zehntausende versuchen könnten, über die Grenze in die Türkei zu gelangen. Das werde weitere Flüchtlinge nach Europa führen.

Deutschland, das noch ein weiteres Jahr einen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat, hatte vor dem Hintergrund der Offensive in Idlib gemeinsam mit Belgien und Kuwait einen Resolutionsentwurf vorgelegt, wonach der Transport von Hilfsgütern aus dem Ausland nach Syrien wie bisher fortgesetzt werden soll. Die Vereinbarung aus dem Jahr 2014 (UN-Sicherheitsratsresolution 2165) läuft am 10. Januar aus. Russland legte einen alternativen Entwurf vor, doch der russische Vorschlag fand keine Mehrheit, Russland und China legten gegen den deutsch-belgisch-kuwaitischen Vorschlag ihr Veto ein. Die von der UNO organisierten Hilfskonvois nutzen derzeit die Grenzübergänge Bab al Hawa und Bab al Salam in die Provinz Idlib und in den Norden von Aleppo, beide Gebiete werden von der Türkei kontrolliert.

Syrien lehnt die grenzüberschreitenden Hilfslieferungen ab, weil Damaskus dabei ausgegrenzt wird. Das humanitäre Völkerrecht sieht vor, dass internationale Hilfe an ein anderes Land mit dessen Regierung koordiniert werden muss. Die Regierung in Damaskus kritisiert, dass die Hilfslieferungen auch Terrororganisationen erreichen. Dafür gibt es tatsächlich Belege: In Idlib und im Umland von Aleppo haben die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland Hilfsprojekte gestoppt, weil die dafür gezahlten Gelder islamistischen Gruppen zugute kamen.

Hintergrund der Kämpfe in Idlib ist das gescheiterte Deeskalationsabkommen zwischen der Türkei, Russland und Iran, das im Rahmen der Astana-Kooperation beschlossen wurde. In einer bis zu 20 Kilometer breiten Pufferzone sollten Kampfhandlungen unterbunden werden. Die Rebellengruppen sollten sich aus diesem Gebiet komplett zurückziehen. Die von den Dschihadisten kontrollierte »Errettungsregierung« sollte aufgelöst werden. Zwei wichtige Autobahnen, die Ost-West-Verbindung M4 und die Nord-Süd-Verbindung M5 sollten für den allgemeinen Verkehr wieder geöffnet werden. Zivilisten sollten sich frei bewegen können und der Handel wieder aufgenommen werden. Dann sollten politische Verhandlungen aufgenommen werden.

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