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Kein Spiel mehr

Die NBA setzt die Saison aus, weil ein Basketballer das Coronavirus in sich trägt

Lloyd Pierce kam der Geistesblitz 19 Sekunden vor Ende der Verlängerung. Seine Basketballer der Atlanta Hawks lagen am Mittwochabend gegen die New York Knicks ohnehin chancenlos zurück. Minuten zuvor hatte der Trainer zudem die Nachricht erhalten, dass die NBA wegen des Coronavirus alle kommenden Spiele aussetzt. Da konnte er genauso gut seine jungen Stars vom Feld holen und dem Veteranen Vince Carter eine letzte Einsatzchance geben. Der lachte, steckte das Trikot noch mal ordnungsgemäß in die Hose, nahm sich den Ball und traf einen Dreipunktwurf. »Zum Glück habe ich meinen letzten Wurf getroffen«, sagte Carter später. »Wenn es denn mein letzter war.«

So genau weiß niemand, wie es in der besten Liga der Welt weitergeht. Rudy Gobert, französischer Center in Diensten der Utah Jazz, war am Mittwochabend positiv auf das Coronavirus getestet worden, nachdem er erste Symptome gezeigt hatte. Da Utah in den vergangenen zehn Tagen fünf Spiele absolviert hat, könnte Gobert mehrere Spieler von verschiedenen Gegnern angesteckt haben. Diese Teams spielten längst gegen andere Mannschaften und könnten das Virus weitergetragen haben. So blieb der NBA-Führung kaum anderes übrig, als die Liga vorerst auszusetzen.

Das dürfte mindestens für die kommenden zwei Wochen gelten. Die Toronto Raptors, die am Montag gegen Utah gespielt hatten, haben all ihre Spieler in häusliche Quarantäne beordert. Ansonsten hält sich die NBA mit Plänen zurück. Man werde die »Auszeit nutzen, um die nächsten Schritte zu bestimmen«, hieß es lediglich in einem kurzen Statement.

Für Vince Carter heißt das, sein für April angekündigtes Karriereende könnte schon am Mittwochabend vollzogen worden sein, sollte die Saison komplett abgesagt werden. Er ist einer der beliebtesten NBA-Spieler, mit 43 Jahren der derzeit älteste der Liga. Er war achtmal All Star sowie im Jahr 2000 Slam-Dunk-Champion. Seine 22 Spielzeiten in der NBA sind Rekord. Nur Meister war er nie.

Carter nahm das mögliche abrupte Ende mit Gelassenheit und Humor: »Wenn es heute endet, dann wird das eine komische, aber coole Erinnerung sein. Es wäre aber in Ordnung. Basketball war gut zu mir. Ich brauche keine großen Reden. Mir reicht es, nach dem letzten Spiel einfach durch die Tür zu gehen, und das war’s.« Als er gehört habe, dass er vielleicht getestet werden müsse, habe er noch gefragt: »Was ist noch mal das Risikoalter? Ach 65. Puh, dann bin ich ja noch knapp drunter!«

Spieler, Trainer und Teameigner waren sich einig, dass die NBA richtig handele. Es gehe nicht mehr um das Spiel, sondern um die Gesundheit aller Bürger. Für die Beschäftigten, vor allem jene, die nur stundenweise an Spieltagen für die Klubs arbeiten, kündigten mehrere Vereine Unterstützungspakete an.

Einen Tag später ordneten auch der Weltverband und die Euroleague an, alle Europapokalwettbewerbe auszusetzen. Auch die Bundesliga stoppte ihren Betrieb. Sollten die Wettbewerbe in den Sommer verschoben werden, dürfte das den Länderspielkalender völlig über den Haufen werfen. Ende Juni, kurz nach den NBA-Finals, sollten eigentlich die letzten Olympiateilnehmer ermittelt werden. Nur einen Monat später beginnen schon die Sommerspiele in Tokio - wenn sie denn stattfinden. Auch das weiß ja derzeit keiner so genau.

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