Virus schlägt ins Kontor

Frankreichs Wirtschaft bricht drastisch ein

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»Man muss bis in das von den Mai-Ereignissen beeinflusste zweite Quartal des Jahres 1968 zurückblättern, um einen Quartalsrückgang derselben Größenordnung zu finden.« Die Aussage von Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau spricht Bände. Im Frühjahr 1968 waren es die Studierenden um »Dany le Rouge«, Daniel Cohn-Bendit, die Frankreichs Wirtschaft mit ihren Straßenprotesten teilweise lahmlegten und in den Abwärtsstrudel zogen. Um beachtliche fünf Prozent brach die Wirtschaft in jenem Quartal vor 52 Jahren ein.

Nun wurde der Einbruch getoppt: Die wirtschaftliche Leistung ist in Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas, im ersten Quartal um sechs Prozent eingebrochen, teilte die französische Notenbank Banque de France kurz vor Ostern mit. Für diese Schätzung hat sie Tausende von Unternehmen befragt. Und in diesem Minus sind nur zwei Wochen Ausgangssperre enthalten, die seit Mitte März in Frankreich gilt. Schon von Anfang März an hatten zwar Branchen wie der Tourismus und der Flugverkehr gelitten, doch der weitgehende Stillstand setzte erst in der zweiten März-Hälfte ein.

Seit der Ausgangssperre habe die französische Wirtschaftsleistung rund 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr verloren, berichtet François Villeroy de Galhau. Erwartungsgemäß sind besonders schwer der Gaststättensektor und die Hotels sowie die Automobilindustrie betroffen. »Ungefähr normal« laufen dagegen der Lebensmittelsektor, die Pharmaindustrie sowie die Dienstleistungen für Unternehmen, etwa die Informationstechnologie.

»Die Unternehmenschefs erwarten für April eine mindestens ebenso schlechte Entwicklung«, fügte Villeroy de Galhau an. Hochgerechnet auf das ganze Jahr, verursacht jeder Monat der französischen Ausgangssperre ungefähr drei Prozent weniger Bruttoinlandsprodukt (BIP). Alle zwei Wochen erhöhe sich die staatliche Neuverschuldung um ein Prozentpunkt des BIP.

Frankreichs Regierung zieht wegen der Krise Verstaatlichungen in Erwägung. Infrage käme neben den beiden Automobilherstellern Peugeot und Renault namentlich Air France, die schon um Beistand angefragt haben. ml

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