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Marons Abschiebung

Raus aus Meck-Pomm!

  • Michael Bittner
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass die »Bild«-Zeitung sich mit Literatur beschäftigt, kommt nicht alle Tage vor. Aber der Corona-Ausnahmezustand macht das Außergewöhnliche möglich. »Preisgekrönte Schriftstellerin soll Meck-Pomm verlassen«, posaunte die Zeitung im Netz und verriet mit dieser Schlagzeile zweierlei: dass sie nur Autorinnen für erwähnenswert hält, die einen Preis haben, und ihren Lesern nicht zutraut, den Namen Monika Marons zu kennen. »DDR-Kritikerin sollte aus ihrem Landhaus geworfen werden«, lautete die Überschrift in der gedruckten Ausgabe. Was war geschehen? Monika Maron hatte, wie alle Berliner Bewohner einer Zweitwohnung in Mecklenburg-Vorpommern, von den Ordnungsbehörden eine »Ausreiseverfügung« erhalten. Denn der Aufenthalt im nördlichen Bundesland ist nur noch Einwohnern und Arbeitspendlern gestattet.

Während gewöhnliche Menschen einer solchen Aufforderung derzeit einsichtig Folge leisten, alarmierte Maron die Springerpresse, um kundzutun, die Verfügung erinnere sie an die Zeit der DDR. Das überrascht nicht, fühlt sich Maron doch seit Jahren von so ziemlich allen Geschehnissen an die DDR erinnert. Wie ihr Kollege Uwe Tellkamp, mit dem sie neuerdings auch den Verlag teilt, sieht Maron etwa die Redefreiheit in Gefahr, weil Kritiker der »Islamisierung« angeblich »nicht akzeptiert« werden. Die Autorin hat sich angesichts der Bedrohung Deutschlands durch »sperrangelweit geöffnete Grenzen«, »Genderkauderwelsch« und »Windräder« in den vergangenen Jahren immer stärker den Positionen der AfD angenähert, wenngleich sie nach eigenem Bekunden immer noch FDP wählt.

Schon zu Zeiten der DDR leistete sich die Stieftochter des Innenministers und ZK-Mitglieds Karl Maron eine Aufmüpfigkeit, die weniger Privilegierte ins Gefängnis gebracht hätte. Diesen »Mut« hat Maron sich bis heute bewahrt. Lorenz Caffier (CDU), der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, versprach der Ministertochter denn auch flugs eine humanere Entscheidung und tadelte seine Beamten für mangelnde »Sensibilität«. Die Trägerin des Nationalpreises (BRD) kann also darauf hoffen, auch weiterhin bevorzugt behandelt zu werden.

Einige Fragen wirft ihr Verhalten dennoch auf: Wieso beschwert sich eine Freundin gut bewachter Grenzen und konsequenter Abschiebungen, wenn ihre Forderungen endlich bei der Politik Gehör finden? Hat denn nicht Mecklenburg-Vorpommern ebenso gute Gründe wie Deutschland, seine Grenzen für Fremde geschlossen zu halten? Schließlich sind im spärlich besiedelten Nordosten bislang weit weniger Menschen mit dem Coronavirus infiziert als in Berlin. Außerdem verfügt Mecklenburg-Vorpommern nur über geringe medizinische Kapazitäten. Muss hier nicht das legitime Eigeninteresse der Alteingesessenen an erster Stelle stehen? Alles Recht haben die Plattdeutschen, die Grenzen für Flüchtlinge aus der Seuchenhauptstadt Berlin dicht zu machen! Hätten sie dieses Recht nicht, mit welchem könnte sich Deutschland gegen kranke Flüchtlinge aus Griechenland abschotten? Am Ende lehrt die Posse um Monika Maron zumindest eines: Die absurde Willkür, die hinter jeder Politik des nationalen Egoismus steckt, wird nicht nur in Krisenzeiten offenkundig, sondern kann sogar den Nationalisten selbst erfreulich unangenehm werden.

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