Fair wird es nicht

Der Nordostdeutsche Fußball-Verband sucht nach einer Lösung, um einen Aufstiegsanwärter ermitteln zu können

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon seit Mitte März ruht wegen der Corona-Pandemie auch in der Regionalliga Nordost der Ball. Bis auf die Fußballer des FC Energie Cottbus, die mit einer Sondergenehmigung der Stadt gerade in ihre dritte Trainingswoche ohne Zweikämpfe gehen, befinden sich alle anderen 17 Mannschaften seit mehr als sieben Wochen im Homeoffice. Übersetzt heißt das: individuelles Einzeltraining mit Läufen und Kraftübungen. Und noch immer weiß niemand, ob und wann wieder gespielt werden kann.

Auch der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) hat inzwischen auf dem Schirm, dass es vielleicht gar nicht mehr weitergehen könnte. Einen Staffelsieger, der am Ende auch noch gegen den Vertreter der Regionalliga West die Relegation um den Aufstieg in die 3. Liga bestreiten müsste, soll es dennoch geben. Deswegen lud der NOFV seine Regionalligisten in der vergangenen Woche zu einer Videokonferenz ein. Eine solche hatte es auch schon am 16. April mit allen Vereinen gegeben. Da hatte es noch den Konsens gegeben, dass die Spielzeit bis zum 30. Juni beendet sein müsste und Geisterspiele im Prinzip keine Lösung sind.

Die Tabelle

1. Altglienicke 23 59:31 47

2. Lok Leipzig 22 43:24 47

3. Cottbus 23 53:32 45

4. Fürstenwalde 24 45:32 40

5. Hertha BSC II 23 59:42 38

6. BFC Dynamo 23 35:29 37

7. Berliner AK 22 47:35 33

8. Viktoria Berlin 21 20:17 29

9. Auerbach 22 37:46 29

10. Meuselwitz 22 33:39 25

11. Lichtenberg 22 27:36 25

12. Ch. Leipzig 23 20:26 23

13. Rathenow 23 20:48 20

14. Nordhausen 20 44:36 19

15. Halberstadt 23 24:40 19

16. Babelsberg 22 22:38 17

17. Bischofswerda 20 16:53 11

18. Rot-Weiß Erfurt 0 0:0 0

Bei der letzten Videokonferenz mit dem Verband waren nur Verantwortliche des Spitzentrios VSG Altglienicke, Lok Leipzig, Energie Cottbus und des Tabellenfünften Hertha BSC II dabei. Das sind jene Klubs, die in die 3. Liga aufsteigen wollen oder zumindest eine Lizenz beantragt haben. Union Fürstenwalde, aktuell Tabellenvierter, hatte keine Unterlagen eingereicht. »Es war eine Beratung im Ergebnis der ersten Videokonferenz mit den Regionalligisten. Da wurde den Vereinen die Möglichkeit eröffnet, eine Livestream-Leistung auf der eigenen Homepage zu erhalten, wenn die Spiele stattfinden«, erklärte NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs. Jeder Klub könnte also seine eigenen Spiele live auf der Internetseite des Klubs zeigen.

Nun wurden die vier Vereine aber noch mit einer neuen Idee konfrontiert. Am Pfingstwochenende könnte es in Erfurt ein Turnier geben, bei dem beispielsweise mit zwei Halbfinals und einem Endspiel oder auch in Turnierform (jeder gegen jeden) der Meister ermittelt wird. Der NOFV will das bislang nicht bestätigen, aber die Idee stamm wohl von ihm. Und die rief ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. »Ich finde das völlig absurd. Wir wünschen uns eine sportliche Entscheidung. Ist diese nicht möglich, sind wir Erster und sehen uns als ersten Anwärter auf den Staffelsieg«, sagt Trainer Karsten Heine von Spitzenreiter Altglienicke.

Der erste Verfolger aus Leipzig wirkte ebenso überrascht. Lok will auch kein Finalturnier. Insgeheim hoffen die Leipziger, dass ihnen die Quotientenregelung zur Meisterschaft verhilft, weil Lok bei gleicher Punktzahl eine Partie weniger als Altglienicke bestritten hat. Für Cottbus und Hertha wäre das Final Four nach aktueller Tabellenlage ein Gewinn. »Das ist in der Tat in der Runde diskutiert worden. Es ist eine Option von vielen«, meint Energies Präsident Matthias Auth: »Für uns ist das ein vorstellbares Szenario. Es muss ein neutraler Boden sein.« Erfurt würde dem Fernsehrechteinhaber MDR passen, weil es im Sendegebiet der Landesrundfunkanstalt für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen liegt. Altglienicke und Leipzig empfinden es zudem als Wettbewerbsverzerrung, dass Cottbus schon wieder auf dem Rasen trainiert.

Die Angelegenheit ist verworren. Vielleicht muss am Ende eine Entscheidung am grünen Tisch her. Manche halten auch ein Endspiel zwischen Altglienicke und Leipzig für möglich. »Es wird keine Lösung geben, mit der alle zufrieden sind«, sagt Lok-Geschäftsführer Martin Mieth. Ständige Tests auf Corona könnten Viertligisten aus finanziellen Gründen gar nicht leisten, stellt er klar. In Leipzig sind die Spieler derzeit in Kurzarbeit. Die Fußballer auf Verdacht wieder trainieren zu lassen, weil vielleicht wieder gespielt wird, sei laut Mieth nicht finanzierbar. Man hätte volle Kosten, aber wegen der Geisterspiele keine Einnahmen.

Der NOFV wird erst mal darauf warten, ob die 3. Liga wieder anläuft. Das entscheidet sich am 25. Mai auf dem Außerordentlichen Bundestag des DFB. Einfluss auf die Regionalliga hat auch die Abstiegsfrage in der 3. Liga. Dort stehen Carl Zeiss Jena und der FSV Zwickau aktuell auf Abstiegsplätzen, auch den Halleschen FC und den 1. FC Magdeburg könnte es noch erwischen. Das würde wiederum zu mehreren Absteigern aus der Regional- in die Oberliga führen. Definitiv muss Rot-Weiß-Erfurt runter, wo aufgrund einer Insolvenz der Spielbetrieb Ende Januar eingestellt wurde.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal