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  • Gesetz gegen staatliche Diskriminierung

Polizeiverbot für Berlin, jetzt!

Stimme der Vernunft: Leo Fischer über die Reaktionen auf das Gesetz gegen staatliche Diskriminierung

Als erstes Bundesland überhaupt gibt sich Berlin ein Antidiskriminierungsgesetz, das seine Bevölkerung vor Ungleichbehandlung schützen und Rechtsansprüche gegen diskriminierende Behörden sichern soll. Das wird allenthalben und vor allem aus den Rängen der Unionsparteien heraus als unnötig und Schritt in die falsche Richtung verstanden, denn bekanntlich ist Berlin schon total weltoffen und divers, das muss nicht noch extra in Gesetze gegossen werden. Gesetze sind immer auch Einschränkungen, und Einschränkungen sind Gift für die Weltoffenheit! Außerdem sind Gesetze immer auch sehr teuer und führen unter anderem zu Klagen und Schadensersatzforderungen, was ja wohl total spießig und unberlinerisch ist. Wer seine Nachbarn verklagen will, der soll doch in Bad Oeynhausen wohnen bleiben - in Berlin ist er falsch!

Besonders der Schutz der Polizei liegt den Unionsparteien am Herzen. Denn vielerorts gelten Polizisten als grundkorrupte, bis in Mark rassistische, gewaltgeile und frauenverachtende Arschgesichter, die sich in rechtsradikalen Netzwerken organisieren, Waffen horten, einander in Telegram-Gruppen Judenwitze schicken und Gefangene in ihren Zellen anzünden.

Durch ein Antidiskriminierungsgesetz könnte dieser Ruf eventuell noch weiter Schaden nehmen oder, Gott bewahre, gerichtlich bestätigt werden. Das kann niemand ernstlich wollen!

Der bayerische Innenminister Herrmann (CSU) sagte, das Gesetz animiere »mit weitreichenden Entschädigungsregelungen die falschen Leute geradezu, die Polizei mit fadenscheinigen Diskriminierungsvorwürfen zu überziehen, um Kasse zu machen«. Er fragte: »Wie soll der rechtschaffene Bürger der Berliner Polizei vertrauen können, wenn es selbst deren Landesregierung offenbar nicht tut?« Aus der Sicht der Union stellt das neue Gesetz die Polizei »unter Generalverdacht, grundsätzlich und strukturell zu diskriminieren«, so Baden-Württembergs CDU-Innen Blenke: »Deutschland ist nicht USA. Wir haben hier kein Rassismusproblem in der Polizei.« Ein Rassismusproblem gibt es schließlich nur, wenn man sich dabei erwischen lässt - und da steht die deutsche Polizei seit Generationen geschlossen zusammen.

Die Polizei NRW hat bereits erwogen, aus Sorge vor den vielen falschen Verdächtigungen keine Hilfskräfte mehr zu großen Veranstaltungen zu schicken, denn bekanntlich trifft einen 200 Kilo schweren, hochgerüsteten Cyber-Krieger mit Schmerzstrahlern und Granaten keine Bierflasche so hart wie der Vorwurf, nicht alle Menschen gleichermaßen zu lieben. Ein Beschluss, der gerade für viele der Kollegen in NRW eine harte Einschränkung darstellen muss, denn auf die bezahlten Berliner Prügelferien unter linken Zecken und Ausländern können viele schon rein psychologisch nicht mehr verzichten.

Andererseits ist der Vorstoß der Polizei NRW vielleicht gar nicht so verkehrt. Wenn sich nur genug Länder anschließen und endlich die Berliner Landesregierung selbst mitzieht, könnte Berlin die erste polizeifreie Stadt der Welt werden. Es gibt Studien, die zeigen, dass während der großen Polizeistreiks in den USA tatsächlich weniger Verbrechen begangen wurden als während ihrer Präsenz.

Wieder andere Studien (MEW I und ff.) gehen davon aus, dass hinter Kriminalität oft materielle Probleme, eventuell sogar grundfalsche, unvernünftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen stehen, die dringend abgeschafft werden müssen. Die Stimme der Vernunft fordert: Wenigstens ein Zehntel des Berliner Wehr-, Pardon, Polizeietats sollte experimentell der Erforschung dieser Frage gewidmet werden!

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