Die sechste Waffengattung

Die Serie »Space Force« setzt sich mit der Idiotie Donald Trumps und den kleingeistigen, rassistischen US-amerikanischen Rechten auseinander

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer dieser Tage die Nachrichten in Sachen US-Weltraumflug verfolgt und sich die neue Netflix-Serie »Space Force« ansieht, merkt schnell, dass Realität und Fiktion nicht weit auseinanderliegen. Die starbesetzte zehnteilige Comedy-Serie, in der unter anderem Steve Carell und John Malkovich zu sehen sind, setzt die militaristischen Weltraumambitionen Donald Trumps als absurdes Spektakel in Szene. Seit vergangenem Dezember existiert in den USA ja tatsächlich eine sechste Waffengattung (neben Army, Marines, Air Force, Navy und Coast Guard), nämlich die titelgebende »Space Force«. Deren Logo ist fast identisch mit dem der Sternenflotte in der Fernsehserie »Star Trek«, worüber sich in den sozialen Medien schon zahlreiche Menschen lustig gemacht haben.

In »Space Force« kämpft denn auch Steve Carell als General Mark Naird (der Name ist ein Wortspiel und bedeutet »Sonderling«, »Streber« oder »Schwachkopf«) um die Glaubwürdigkeit der neuen Waffengattung und wird in der Vier-Sterne-General-Runde des Verteidigungsministeriums von seinen mackerhaften Kollegen als Loser wahrgenommen und auch so behandelt.

»Boots on the Moon« - Stiefel auf den Mond - bis 2024, diese Parole geistert als nationalistische Kampfansage seit einigen Monaten durch die US-Presse und wird auch in der Serie zum immer wiederkehrenden Mantra. Wobei in der Fiktion wirklich so ziemlich alles schiefgeht. Da explodieren Testraketen schon vor dem Start, und auf die Frage, wie viel das kostet, ist die lapidare Antwort: »Vier.« Gegenfrage: »Vier Millionen?« - »Nein, so viel wie vier Mittelschulen.« Als dann endlich ein Satellit ins All geht, wird er von einem chinesischen Raumschiff zerlegt. Die Rettungsaktion übernimmt ein Schimpanse, der zusammen mit einem Hund und einer Menge Handfeuerwaffen kurz zuvor als Werbeaktion einer Waffenfirma in den Weltraum geschossen wurde. Natürlich missglückt auch das.

Derartige Fehlgriffe - ebenso wie ein Raketenstart Indiens und die Errichtung einer chinesischen Mondstation, denn alle sind den US-Amerikanern immer voraus - treiben den stets twitternden und nie anwesenden Präsidenten, der namentlich auch gar nicht erwähnt, sondern nur als »POTUS« (President of the United States) tituliert wird, zu einem Wutausbruch nach dem anderen. Neben diesem Stress hat Mark Naird dann auch noch mit einer pubertierenden Tochter zu tun, während seine Ehefrau lebenslänglich im Hochsicherheitsgefängnis einsitzt, weshalb, erfährt man im Lauf der Serie nicht.

Dann tauchen auch noch demokratische Abgeordnete auf, unter anderem die fiktionalen Alter Egos von Nancy Pelosi und Alexandria Ocasio-Cortez, die Mark Naird vor einen Untersuchungsausschuss zerren und Auskunft über das horrende Budget fordern. Zu allem Überfluss gibt es die täglichen Dauerdiskussionen mit dem Chefwissenschaftler John Malkovich, der das liberale bildungsbürgerliche Amerika vertritt. Und an dem arbeitet sich Mark Naird in einem fort ab.

An den Figuren dekliniert die Serie »Space Force« die Idiotie Donald Trumps und der kleingeistigen, rassistischen, bildungsfernen US-amerikanischen Rechten durch. Der von Ben Schwartz gespielte, nach unten tretende und nach oben buckelnde Pressesprecher der Weltraumfahrer ist eine Parodie auf Anthony Scaramucci, den früheren Kommunikationschef des Weißen Hauses.

So witzig die Serie an einigen Stellen ist, leidet sie doch auch darunter, dass die Realität nicht minder absurd ist als die Fiktion, was schon das eingangs erwähnte »Space Force«-Logo illustriert. Satire muss die Wirklichkeit ja immer auch verfremden und zieht daraus ihr Potenzial. Wenn die Realität aber nicht weniger bizarr ist als die Parodie, dann hat eine derartige Comedy ein Problem. Wobei »Space Force« zumindest zum Ende der Staffel mit einem Cliffhanger (eine Fortsetzung ist vorgesehen) noch einmal richtig aufdreht: US-amerikanische Astronauten zerlegen mit Schraubenschlüsseln die chinesische Mondstation, während ihr Habitat ebenfalls zerstört wird, und Mark Naird rettet in der Wüste seine Tochter vor Crack-Rauchern und trifft dabei auf seine aus dem Knast ausgebüxte Ehefrau mitsamt ihrer Geliebten.

»Space Force« läuft auf Netflix.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal