Indigene spielen nicht mit

Linke Rebellen in Paraguay nach Entführung eines Politikers isoliert

  • Jürgen Vogt
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Millionen Dollar Lösegeld in Form von Lebensmittelhilfen für indigene Gemeinden sowie die Freilassung zweier inhaftierter Mitglieder fordert die Guerillagruppe Paraguayische Volksarmee (Ejército Paraguayo del Pueblo, EPP) für die Freilassung des ehemaligen Vize-Staatschefs Óscar Denis. Der 74-jährige liberale Politiker war am vergangenen Mittwoch zusammen mit seinem 21-jährigen Angestellten Adelio Mendoza von einer »Indigenen Brigade des EPP« von seinem Landgut an der Grenze zu Brasilien entführt worden. Denis war vom Juni 2012 bis August 2013 Vizepräsident Paraguays.

Der Ort der Entführung liegt in der Provinz Concepción, nur 32 Kilometer Luftlinie von dem Lager der EPP entfernt, in dem am 2. September bei einem Militäreinsatz zwei Mädchen erschossen wurden. Eine der beiden Inhaftierten - die zu langen Haftstrafen wegen versuchten Mordes und Entführung verurteilt wurden -, deren Freilassung die Guerilla jetzt fordert, ist die Mutter eines der beiden Mädchen. Die Regierung bleibt hart: »Über Fragen der Sicherheit des Staates wird weder verhandelt noch diskutiert«, erklärte Innenminister Euclides Acevedo.

Innerhalb von acht Tagen sollten nach Vorstellung der Guerilla Proviantsäcke mit der Aufschrift »Mit freundlicher Genehmigung der EPP« an 40 indigene Gemeinschaften in der Region verteilt werden. Enthalten sollten sie Medikamente, Gummistiefel, Fleisch, Milchpulver, Werkzeuge, Saatgut sowie Spielzeug, Sportschuhe und Süßigkeiten für Kinder im Wert von je 50 000 Dollar. Am Sonntag hatte die Familie des entführten Politikers bereits mit der Verteilung solcher Güter begonnen.

Vertreter der Indigenen haben sich jedoch gegen die Annahme dieser Hilfen ausgesprochen. »Wir wollen, dass Óscar Denis und unser indigener Bruder Adelio Mendoza befreit wird«, erklärte Remigio Romero, Sprecher der Koordinierungsstelle der Indigenen von l Bajo Chaco. Alle Gemeinden entlang des Flusses Concepción seien entsprechend instruiert worden. »Wir würden uns wie Sympathisanten dieser Verbrecher fühlen«, betonte Romero. Bei Verweigerung hat die EPP gefordert, Gemeinden zu suchen, die zur Annahme bereit sind.

Die Guerilla bildete sich 1992 als militanter Arm der linken Partei Partido Patria Libre (PPL). 2008 machte sie sich unabhängig und ist seitdem unter dem Namen Paraguayische Volksarmee aktiv. Sie wendet sich gegen den Großgrundbesitz und die Gewalt, die lokale Landbarone gegen Aktivisten kleinbäuerlicher Organisationen ausüben. Nach einer Oxfam-Studie aus dem Jahr 2016 befinden sich 90 Prozent des Ackerlandes in Paraguay im Besitz von 12 000 Großagrariern. Die restlichen zehn Prozent teilen sich über 280 000 kleinbäuerliche Familien und mittlere Produzenten.

Die Gruppe agiert in den ländlichen Provinzen Concepción und San Pedro im Norden des Landes. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass in Paraguay im vergangenen Jahrzehnt mehr als 200 Vertreter indigener Gruppen und sozialer Bewegungen ermordet wurden. Die Mitgliederzahl der EEP wird auf lediglich 50 bis 100 Personen geschätzt. Internationale Aufmerksamkeit erregte sie erstmals im Jahr 2004 mit der Entführung von Cecilia Cubas, der Tochter des ehemaligen Präsidenten Raúl Cubas. Fünf Monate nach ihrer Entführung wurde Cecilia Cubas tot aufgefunden.

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