Auf dem Bau wird noch gearbeitet

Die Immobilienbranche spürt die Auswirkungen der Coronakrise weniger als andere Branchen

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch die Baubranche ist in vielerlei Hinsicht von der Corona-Pandemie betroffen, wenn auch nicht so gravierend wie andere. Das Thema beschäftigt daher den Deutschen Baugewerbetag, der diesen Mittwoch in Berlin stattfindet und auf dem einige hochrangige Gäste wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und der Grünen, Ralph Brinkhaus und Anton Hofreiter, teilnehmen sollen. Coronabedingt wird der Verbandstag in kleinem Rahmen als Online-Veranstaltung durchgeführt.

Am Dienstag erläuterte Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), auf einer Online-Pressekonferenz seine Sicht auf die bevorstehenden Herausforderungen für die Bauwirtschaft. Die Branche habe die Corona-Pandemie vergleichsweise gut verkraftet. Dennoch seien die konjunkturellen Auswirkungen in Form von weniger Aufträgen und sinkenden Preisen nicht zu übersehen, so Quast. Für das laufende Jahr erwartet die Branche einen Umsatz von 138 Milliarden Euro, was nominal ein Plus von einem Prozent gegenüber 2019 bedeutet. Dabei habe man vor allem von den hohen Auftragsbeständen zu Beginn des Jahres gezehrt. Für 2021 wird mit einem nominalen Minus von einem Prozent gerechnet, real wären das drei bis vier Prozent.

Anhaltend positiv bewertet der ZDB die Lage im Wohnungsbau. »Die Auftragseingänge zeigten nur im April und Mai ein ›Corona-Zittern‹ und gaben leicht nach. Seither sehen wir wieder eine deutliche Nachfrage«, erklärte Quast. 2020 würden erneut etwa 300 000 Wohnungen fertiggestellt, für 2021 erwarte man eine vergleichbare Größenordnung. Das »sehr ambitionierte Ziel der Bundesregierung«, binnen vier Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode 1,5 Millionen Wohnungen zu errichten, werde aber nicht erreicht. Das liege nicht an fehlenden Kapazitäten der Bauwirtschaft, sondern an der nach wie vor schleppenden Bearbeitung von Bauanträgen und immer neuen Auflagen und Vorgaben, die den Wohnungsbau sowohl verzögerten als auch verteuerten. Auch die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes müsse energisch vorangetrieben werden, um die ambitionierten Klimaziele bis 2030 erreichen zu können. Es bedürfe »zusätzlicher Förderinstrumente«. Mit der Sonderabschreibung für Bauherren und dem Baukindergeld seien aber »richtige Impulse gesetzt worden«.

Gerade das Baukindergeld ist aber ein umstrittenes Instrument, da nur wohlhabende Familien davon profitieren und es häufig für den Erwerb von Bestandsimmobilien nutzen, was nicht selten verbunden ist mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und der damit einhergehenden Verdrängung alteingesessener Bewohner. Für Quast ist das jedoch kein Problem: Die Eigentumsquote sei in Deutschland »viel zu niedrig«, die Schaffung von Wohneigentum entspreche »dem Wunsch vieler Familien« und fördere »insgesamt die Wirtschaft«, repetierte Quast auf eine entsprechende Nachfrage die alten, neoliberalen Glaubenssätze der Immobilienlobby. Von der Politik forderte er, die Befristung der beiden Förderinstrumente, die 2021 auslaufen sollen, zu verlängern.

Weniger optimistisch bewertet der ZDB die Entwicklung beim Wirtschaftsbau, wo sich die Corona-Pandemie deutlich niederschlägt und viele Unternehmen angesichts unklarer Geschäftsperspektiven ihre Aufträge stornieren. Seit März liegt die Nachfrage in jedem Monat unterhalb des Vorjahresniveaus. Für das kommende Jahr rechnet der Verband mit einem Umsatzrückgang um bis zu 3,5 Prozent. Es sei daher die Aufgabe der öffentlichen Hand, diese Einbrüche durch verstärkte Investitionen in die Infrastruktur zu kompensieren, forderte Quast. Die Haushaltsplanung gebe das her, und besonders die Investitionsvorhaben für Schiene und Straße böten Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Doch auch in diesem Bereich hake es bei der schnellen Umsetzung bis hin zur Auftragsvergabe. Das gelte besonders für Baumaßnahmen der Kommunen, die in Bereichen wie Schulbau und -sanierung einen »riesigen Investitionsstau« vor sich herschöben.

Wenig Probleme sieht der Verband bei der Beschäftigungsentwicklung: »Vor zehn Jahren hatten wir im Bauhauptgewerbe etwa 716 000 Beschäftigte. Ende des Jahres 2020 werden es 880 000 sein.« Viele Unternehmen planten für das kommende Jahr Neueinstellungen, und auch die Bereitschaft zur Ausbildung des Berufsnachwuchses sei ungebrochen. Vieles hänge allerdings vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.

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