FC Deutschland, Stern des Südens

SONNTAGSSCHUSS: Die Übernahme des gesamten deutschen Fußballs durch den FC Bayern ist vollzogen

Es muss irgendwann in den vergangenen Wochen passiert sein, vielleicht an einem dieser Tage nach der US-Wahl, als keine andere Nachrichten mehr an die Menschen herandrangen als die aus dem Weißen Haus. Die kleine Meldung mit der Ortsmarke »München«, in der die Übernahme des gesamten deutschen Fußballs durch den FC Bayern verkündet wurde, muss da irgendwie verschütt gegangen sein. Dabei wäre der Inhalt auch für ungeübte Redakteure schnell zusammengefasst gewesen: »In allen Belangen des deutschen Fußballs obliegt von nun an Herrn Karl-Heinz Rummenigge die Deutungshoheit. Auf die Termin- und Finanzierungswünsche des von ihm vertreten Vereins ist stets einzugehen.«

Doch auch wenn die Übergabe der Macht weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit vonstatten ging - dass sie nun auch offiziell stattgefunden hat, ist mittlerweile unübersehbar. So genügte eine offenbar eher prosaische Mail aus München an den DFB, um das nächste Pokalspiel der Bayern einfach mal so eben in den Januar zu verlegen. Die Bajuwaren sind eben auch noch in der Champions League beschäftigt, da hat man natürlich Verständnis. Als Bayer Leverkusen, das ja ebenfalls im Dezember noch international unterwegs ist, für sich das gleiche Recht reklamierte, zierte man sich in Frankfurt deutlich mehr. Man musste aber schließlich auch nachgeben, aus Gründen der Gleichbehandlung. Max Eberl, Chef der Gladbacher, die am Mittwoch bei Real Madrid ranmüssen, hat das offenbar ein wenig gewundert. »Wenn man viele Wettbewerbe hat, dann sind die Großen sehr belastet, und dann haben die Kleineren, die vermeintlichen Underdogs, eben Chancen«, findet er. Wenn man nun auch noch Termine an die Wünsche der Großen angepasst würden, »wird die Spannung des Wettbewerbs noch ein bisschen kleiner. Das habe ich gemeint.« Dass genau das seit Jahren das Sinnen und Trachten des deutschen Fußballs ist, hat Eberl, ansonsten ein kluger Kerl, möglicherweise noch nicht mitbekommen.

Man muss allerdings auch sagen, dass die Machtübergabe an den FC Bayern auch viel Positives mit sich gebracht hat. Nachdem Oliver Bierhoff - der Mann darf bleiben, bis die Bayern einen geeigneten Nachfolger gefunden haben - eine Power-Point-Folien-gesättigte Ansprache gehalten hatte, mit der er Bundestrainer Joachim Löw gestärkt hatte, schaute die Nation gebannt nach München. Und dort senkte der Monarch den Daumen. »Zu viel Bierhoff und zu wenig Löw«, urteilte Rummenigge über den DFB. Was zumindest im ersten Teil nicht von der Hand zu weisen ist. Dass man dem stets grimmig dreinblickenden Monarchen von der Säbener Straße unrecht tut, wenn man ihm jeglichen Humor abspricht, bewies er im gleichen Atemzug. »Löw wäre gut beraten, ein bisschen offensiver und nicht so defensiv mit der ganzen Situation umzugehen«, verkündete Rummenigge. Und dann kam der tödliche Witz: »Er ist rhetorisch gut.«

Sie sehen: Auch in den kommenden Wochen werden sie in Frankfurt und München noch viel Spaß miteinander haben. Hier ein gelungener Bierhoff-Witz, dort eine nette gemeinsame Brotzeit nach den ganzen Renovierungsarbeiten, die in der Otto-Fleck-Schneise jetzt noch anstehen. Die Umbenennung von DFB in BFB, Bayrischer Fußball Bund, ist weder grafisch noch phonetisch eine größere Herausforderung, ob das DFB-Grün in einem ersten Schritt oder erst mittelfristig durch ein Rautenmuster ersetzt wird, wird derzeit noch ausdiskutiert. Die G15, eine von Rummenigge ins Leben gerufene Plattform von 15 ihm genehmen Profivereinen, hat jedenfalls schon mal eine »Task Force Raute« gegründet. Klar ist hingegen schon jetzt, dass die nächsten Runden im BFB-Pokal sowie die Länderspiele künftig von der leicht modifizierten Bayern-Hymne eingeleitet werden. Ob als Refrain »FC Deutschland, Stern des Südens« oder gleich »FC Bayern, Stern von Frankfurt« verwandt wird, klärt eine weitere Task-Force. Zur Melodie passt beides. Vertreter des Ausrüsters VW sollen indes moniert haben, das Stern-Bild wecke ungute Erinnerungen an ehemalige Hauptsponsoren. Sie wurden jedoch mit der Zusicherung besänftigt. Bei der Europameisterschaft 2024 in Deutschland soll der Bundesadler als Wappentier durch einen Bundes-Wolf ersetzt werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal