Dissident vom Himmel geholt

Peter Steiniger zu Lukaschenkos Eingriff in den Luftverkehr

Es ist schon ein starkes Stück: Nicht alle Tage wird eine Passagiermaschine mit einer Räuberpistole zur Kursänderung gezwungen. Der von Minsk gebrauchte Vorwand einer Bombendrohung war dreist und durchsichtig fingiert. Mit der Verhaftung des Dissidenten Roman Protassewitsch nach der erzwungenen Landung in Minsk verletzen die Behörden von Belarus internationale Normen, greifen schwer in den zivilen Luftverkehr zwischen zwei EU-Staaten ein.

Die Größe des Eklats lässt sich mit dem von europäischen Nato-Staaten erzwungenen Zwangsstopp des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 in Wien auf seinem Rückflug von Moskau nach La Paz vergleichen. Allerdings ist Protassewitsch, anders als der Whistleblower Edward Snowden, im autoritär regierten Belarus nicht einmal Staatsfeind Nummer eins.

Setzen wir voraus, dass der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hier keinem Impuls, sondern Kalkül folgte, sendet er mit dieser Provokation vor allem zwei Botschaften aus. Einen Dialog mit den im Exil befindlichen Köpfen der Opposition hält er nicht für nötig. Zur Kriminalisierung dient auch hier der Terrorstempel. Und bei der EU bettelt er regelrecht um Sanktionen.

Die hat ihn ja ohnehin zum Paria erklärt, das Tischtuch zerschnitten. Für Minsk ist Brüssel vor allem ein Förderer und Schutzpatron innenpolitischer Gegner. Russland dürfte in den Ryanair-Coup mindestens eingeweiht gewesen sein. Die Freundschaft hat einen Haken: Wie die EU will auch Moskau mit darüber entscheiden, von wem die Belarussen regiert werden wollen.

Die Repression in Belarus und ihre Methoden sind skandalös. Und geht es nicht um französische Gelbwesten oder katalanische Separatisten unter dem Polizeistiefel, findet die EU auch klare Worte. Der Piratenakt über Belarus ist nur einer von vielen, die das internationale Recht weiter schwächen.

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