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  • Abgefangene Ryanair-Maschine

Gysi wirft Belarus »Akt staatlicher Luftpiraterie« vor

EU reagiert mit Sanktionen auf erzwungene Flugzeug-Landung / Maßnahmen umfassen Sperrung des Luftraums für belarussische Flugzeuge

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der außenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, hat die erzwungene Umleitung des Ryanair-Fluges Athen-Vilnius nach Minsk und die anschließende Festnahme des belarussischen Oppositionsaktivisten Roman Protasewitsch als einen »Akt staatlicher Luftpiraterie« verurteilt. Gysi erinnerte zugleich an umstrittene Aktionen der USA und Russlands. Nach seinen Worten kann es deshalb nur eine Antwort geben: »Die internationale Staatengemeinschaft muss kollektiv aus dem Kreislauf der mal geduldeten und mal angeklagten Völkerrechtsbrüche ausbrechen. Der Weg dorthin kann nur politischer Dialog sein - auch mit Minsk und vor allem mit Moskau«, so Gysi gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.

Der Linken-Politiker betonte, in der Geschichte habe letztlich keine Repression einem Machthaber dabei geholfen, dauerhaft die Überwindung seiner Macht zu verhindern. Das müsse auch Alexander Lukaschenko in Belarus begreifen.

Gysi erinnerte zudem daran, »wie die USA das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 zur Landung in Wien zwangen, weil Washington fälschlicherweise hoffte, dort den Whistleblower Edward Snowden zu finden und festnehmen zu lassen. Auch dadurch verkam der Völkerrechtsbruch scheinbar zu einer Bagatelle.« So gebe es keine moralische Instanz mehr, die das Völkerrecht wirksam verteidigen könne. »Wer gestern selbst das Völkerrecht gebrochen hat, kann heute nicht glaubhaft einen anderen anklagen, der ebenfalls das Völkerrecht bricht. Dasselbe gilt für das Kosovo und die Krim.«

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow verurteilte die von den Behörden in Belarus erzwungene Landung eines Passagierflugzeugs aufs Schärfste. »Einen Notfall zu konstruieren ist letztlich nur Kosmetik um ein Flugzeug zu entführen. Es ist schlicht Terrorismus!«, schrieb der Linke-Regierungschef am Montag bei Twitter.

EU reagiert mit Sanktionen gegen Belarus

Behörden in der autoritär regierten Republik Belarus hatten das mit mehr als 100 Passagieren besetzte Flugzeug auf dem Weg von Athen nach in die litauische Hauptstadt Vilnius umgeleitet und zur Landung gezwungen. An Bord war auch der vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch. Er wurde nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auf dem Flughafen von Minsk festgenommen.

Viele auch internationale Politiker kritisierten das Vorgehen heftig. Die EU-Staats- und Regierungschefs brachten am Montagabend neue Sanktionen gegen das autoritär regierte Land auf den Weg. Sie vereinbarten die Sperrung des Luftraums für Flugzeuge aus Belarus sowie ein Landeverbot auf EU-Flughäfen und riefen Airlines aus der EU auf, den belarussischen Luftraum zu meiden. Die Fluggesellschaften Lufthansa, SAS und AirBaltic kündigten an, Belarus nicht mehr zu überfliegen. Litauen, wohin die Ryanair-Maschine am Sonntag unterwegs war, verbietet bereits ab Dienstag alle Starts und Landungen von Maschinen, die über belarussischen Luftraum fliegen.

»Wir tolerieren keine Versuche, russisches Roulette mit dem Leben unschuldiger Zivilisten zu spielen«, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel im Anschluss an die Gipfelberatungen in der Nacht zum Dienstag. Die Staats- und Regierungschefs hätten »zusätzliche Sanktionen gegen Einzelpersonen beschlossen, die an dieser Entführung beteiligt waren«, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch Unternehmen, »die dieses Regime finanzieren«, sollten sanktioniert werden können.

Wegen der Geschehnisse rund um die Präsidentenwahl und des massiven Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten sind bereits EU-Sanktionen gegen rund 90 Verantwortliche in Belarus in Kraft, auch gegen den autoritär regierenden Lukaschenko. Im Dezember wurden auch Sanktionen gegen sieben staatsnahe Unternehmen verhängt. Ein weiteres Sanktionspaket gegen rund 40 weitere Belarussen war bereits für Juni geplant. Agenturen/nd

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