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Niedersachsen: Wohnen lassen statt unterbringen

Pro-Flüchtlings-Kampagne »Sicherer Hafen« in Niedersachsen richtet vor den Kommunalwahlen einen Appell an die Politik

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Wohl und Wehe von Flüchtlingen in der Bundesrepublik ist in vielfältiger Hinsicht vom Verhalten der Landkreise und Gemeinden abhängig. Sie können wesentlich beeinflussen, wie Migranten »Deutschland vor Ort« erleben. Aus dieser Erfahrung heraus haben mehr als 25 Initiativen und Organisationen – vom Caritasverband über den Flüchtlingsrat bis zum Roma-Center – ein Bündnis gebildet, das sich mit der Forderung Niedersachsen »zum sicheren Hafen« werden lassen, an die Kommunen wendet. Bewusst geschieht das im laufenden Jahr, denn am 12. September werden die Wahlberechtigten im zweitgrößten Bundesland über die Zusammensetzung der Kreis-, Stadt- und Gemeindeparlamente entscheiden.

Von jenen Kommunalwahlen hängt es ab, welche Parteien, Landräte, Bürgermeister und weitere Entscheidungsträger auf »Rathausebene« in mancherlei Belangen, die das Leben von Flüchtlingen berühren, mitreden werden. So etwa, wenn es um ein Zuhause für die Betroffenen in Deutschland geht. In vielen Kommunen gibt es längst keine kommunalen Unterkünfte für Geflüchtete mehr, weiß das Sichere-Hafen-Bündnis und fordert: Dort, wo solche Quartiere noch bestehen, müssten sie so schnell wie möglich geschlossen werden. Es gelte, den Schutzsuchenden Wohnungen zur Verfügung zu stellen und damit einen sicheren Ort, an dem Menschen selbstbestimmt leben und zur Ruhe kommen können. Das sei zugleich eine wichtige Grundlage, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Gerade die Kommunen seien die Orte, so betont das Bündnis, die diese Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen können. Das sei vielerorts schon längst gelebte Praxis in Niedersachsen, konstatieren die Aktivisten der Kampagne in einem gemeinsamen Positionspapier. Doch noch immer, so heißt es darin, sei vielen nach Deutschland gekommenen Menschen die gesellschaftliche und auch die politische Teilhabe verwehrt, selbst wenn sie hier geboren sind oder seit Jahren hier leben. Dabei funktioniere und gedeihe jede Gesellschaft, im kleinen Dorf wie in der Großstadt, besser, wenn alle Menschen vor Ort die selben Rechte haben. Das gibt das Bündnis zu bedenken und fordert sowohl vom Land als auch von den Kommunen in Niedersachsen, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um solch ein gleichberechtigtes Zusammenleben zu ermöglichen – »und zwar unabhängig von Pass und Aufenthaltstitel«.

Des Weiteren fordert die Aktion »Sicherer Hafen« von den Kommunen eine konsequente Positionierung und ein entschlossenes Vorgehen gegen alle Formen von Rassismus. Geboten sei dies schon durch die deutsche politische Verantwortung gegenüber den Menschen und ihren Nachkommen, die verletzt oder getötet wurden aufgrund der historischen Verbrechen während der Kolonialisierung und des Hitler-Faschismus.

Mitverantwortung, so mahnt das Bündnis, tragen die Kommunen auch für die Gesundheit der in ihnen lebenden Menschen. Sie sei ein Grundrecht aller. Aber noch hätten nicht alle Menschen in Niedersachsen einen uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Städte und Kreise müssten sicherstellen, dass Menschen unabhängig ihres Aufenthaltsstatus‘ jederzeit und angstfrei jene Versorgung in Anspruch nehmen können, beispielsweise durch eine Krankenversicherungskarte für alle und einen anonymen Krankenschein für Menschen ohne Papiere.

Das Bündnis hofft, dass zunehmend mehr Städte, Kreise und Gemeinden diesem Appell folgen und auch die anderen Forderungen der Aktivisten berücksichtigen. »Viele niedersächsische Kommunen haben es bereits vorgemacht; sie erklären sich zu ›Sicheren Häfen‹ und treten für eine solidarische Asyl- und Migrationspolitik ein«, berichten die Initiatoren der Kampagne. Bis zum 12. September will sie durch viele Veranstaltungen deutlich machen, welch hohe Verantwortung die kommunale Ebene für das Wohlergehen Schutz suchender Menschen in Deutschland trägt.

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