Bolsonaro spielt wieder Märtyrer

Peter Steiniger zur Selbstinszenierung des brasilianischen Staatschefs

Mehr als eine halbe Million seiner Landsleute sind seit Beginn der Pandemie gestorben und ihr Staatschef ist seit Tagen auch schon ganz krank. Vom Krankenhausbett in einer feinen Klinik in São Paulo erbittet der Allerärmste Gebete, erscheint live im TV und schickt Tweets in die Welt: »Es gibt noch so viel zu tun für unser Brasilien.« Das schließlich »kein neues Kuba« werden dürfe. Und so Gott wolle, stehe derjenige, der Brasilien davor beschirmt, bald wieder auf der Matte. So ein Darmverschluss ist gewiss keine schöne Sache. Dagegen ist selbst Bolsonaro machtlos, der mit Covid - wie er behauptete, dank seiner Fitness - spielend fertig wurde.

Auch ein Dauerschluckauf hinderte Bolsonaro nicht am Weiterstricken an Legenden. Sein Problem sei Folge des Attentats im Wahlkampf 2018 durch ein Ex-Mitglied der PSOL, die Bolsonaro zum »linken Flügel der PT«, von Lulas Arbeiterpartei, erklärt. Mit diesem »grausamen Angriff« gegen ihn und »unsere Demokratie« habe eine Wende für Brasilien verhindert werden sollen. Tatsächlich hatte die Messerattacke eines geistig Gestörten und die mediale Inszenierung seiner Wiederauferstehung Bolsonaro nach oben katapultiert. Angesichts von Korruptionsvorwürfen und der Anklagen gegen seine Corona-Politik spielt der Rechtsextreme das alte Spiel.

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