Aufteilungsrekord im Jahr 2020

Linke-Politikerin macht CDU für Schub bei Aufteilung von Wohnungen in Eigentum verantwortlich

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

2020 war ein Rekordjahr für die Umwandlung in Eigentumswohnungen in der Hauptstadt. Häuser mit 19.189 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr in Einzeleigentum aufgeteilt. Das ist etwas über die Hälfte mehr als 2019 mit 12.668 Wohneinheiten - und ein Rekordwert im Vergleich der letzten Jahre. Das geht aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Schriftliche Anfrage der Linke-Abgeordneten Gaby Gottwald hervor, die »nd« vorliegt.

Mehr als verdreifacht haben sich die Umwandlungen im Vorjahresvergleich in Tempelhof-Schöneberg, immerhin doppelt so hoch fielen sie in Friedrichshain-Kreuzberg aus, in Pankow lag der Anstieg bei 75 Prozent.

Der Grund für die massive Zunahme an Umwandlungen im Vorjahr liegt auf der Hand. Es war die bereits absehbare Einschränkung der Möglichkeiten durch Änderung des Bundesbaugesetzes. »Der Umwandlungsschub im Jahr 2020 ist wirklich ärgerlich und war überflüssig wie ein Kropf«, sagt Gaby Gottwald zu »nd«. »Die CDU hat ihn provoziert. Sie kündigte eine gesetzliche Novelle an, die sie dann selbst blockierte. Das war das Zeichen an die Eigentümer: Nutzt die verbleibende Zeit - wandelt um«, so Gottwald weiter.

Von 2015 bis 2020 wurden in Berlin etwas über 91.000 Wohnungen umgewandelt, ziemlich genau die Hälfte davon in Milieuschutzgebieten. Auch hier unterscheidet sich die Quote je nach Bezirk, in Neukölln fanden beispielsweise 93 Prozent der Umwandlungen in Gebieten mit sozialen Erhaltungssatzungen statt. In fast allen Fällen war das scheunentorgroße Schlupfloch die Regelung im Baugesetzbuch, dass die Aufteilung genehmigt werden muss, wenn die Wohnungen innerhalb von sieben Jahren an die Mieter verkauft werden. In 98,6 Prozent aller Fälle mussten die Bezirksämter deswegen die Umwandlung genehmigen. In der Realität haben Mieterinnen und Mieter laut Stadtentwicklungsverwaltung von 2015 bis 2019 in genau 54 Fällen tatsächlich selber gekauft - eine Quote von 0,4 Prozent.

Umwandlung bedeutet nicht zwangsläufig Verkauf, zumindest keinen schnellen. Laut einer Aufstellung des Immobilienmaklers Guthmann fanden von 2015 bis 2019 zusammen 70 700 Eigentumswohnungen im Bestand einen Käufer. Das müssen nicht unbedingt neu aufgeteilte Wohnungen sein. Im Mittel werden die Wohnungen aktuell demnach für 5120 Euro pro Quadratmeter verkauft - eine Verdreifachung der Preise innerhalb von zehn Jahren.

Statistisch werde nur jede dritte Wohneinheit selbst genutzt, heißt es vom Mieterverein. Somit geht es in den meisten Fällen um eine Geldanlage.

Den Umwandlungswahnsinn beenden soll die auf Basis des novellierten Baugesetzbuches am 3. August vom Senat erlassene neue Umwandlungsverordnung. Demnach kann die Aufteilung nur erfolgen, wenn zwei Drittel der Mieter erklären, kaufen zu wollen. Der Senat verlangt von den Bezirken, dass diese Absicht von den Mietern notariell beurkundet werden muss. »Nicht ausreichend ist die reine einseitige Absichtserklärung des Eigentümers, an zwei Drittel der Mieter veräußern zu wollen«, erklärt die Stadtentwicklungsverwaltung.

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