Abschiebung von Verantwortung

Zu Europas kalten Schultern für afghanische Flüchtlinge

Das Kartenhaus ist mit dem Abzug der Besatzer aus Afghanistan eingestürzt, die Sorge des Westens gilt weiter den Menschen dort. Man sorgt sich, dass es sich nun allzu viele in den Kopf setzen könnten, in die EU einzuwandern, statt unter den Taliban zu schmachten. Besonders bewegt das auch Österreichs Innenminister Karl Nehammer von der ÖVP. Die unschönen Szenen Verzweifelter und Toter am Kabuler Flughafen bringen ihn nicht aus dem Takt: Welchen Grund könnte ein Afghane haben, nun ausgerechnet in sein schönes Land zu wollen? Und wohin soll man ihn dann abschieben?

Deshalb wünscht sich der Minister Abschiebezentren dort, wo Afghanen prima aufgehoben sind: rund um Afghanistan. Eine Rund-um-Lösung dürfte auch bei seinen Kollegen in der EU gut ankommen. Die Idee korrespondiert mit den von Brüssel gewünschten Flüchtlingszentren, die Transitländer für Migranten zur Endstation machen sollen. Für das Afghanistan-Desaster, in das sie Hand in Hand mit Uncle Sam und Nato spazierte, wird die realitätsferne EU einen hohen Preis zahlen. Da die Afghanen nicht bereit waren, sich noch etwas länger abschlachten zu lassen, sitzen die Taliban nun Knall auf Fall am Hebel der Flüchtlingskrise. Die Bilder von Rettungsmissionen werden für den Moment gebraucht. Doch der nächste Offenbarungseid kommt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal