Stille Nacht: Ruhe vor dem Sturm

Ulrike Henning über Kräftemessen in der Pandemiepolitik

Auch diese Situation gab es in der Pandemie schon mehrmals: Angesichts bevorstehender Feiertage hat sich die Bundesregierung zu entscheiden. Zieht sie die Zügel an, kann das grundsätzlich schiefgehen. Zu erinnern ist hier an das Desaster der Merkel'schen Osterruhe, einer der ganz seltenen Anlässe während der Kanzlerinnenschaft, auf den eine persönliche Entschuldigung folgte.

Lässt die Regierung hingegen die Zügel schleifen, wird ihr das sofort von den qua Wahl verhinderten Ordnungspolitikern aus Ländern oder Opposition um die Ohren gehauen. Dass nun eine Weihnachtspause für die »Restriktionen« kommen soll, gleicht schon einem nachsichtigen Tätscheln über den Kopf des Untertans, der nicht, jedenfalls jetzt nicht, untherapeutisch hart angefasst werden darf.

Offensichtlich soll mit dem aktuellen Kräftemessen, einschließlich der RKI-Ansage für stärkere Einschränkungen noch vor Weihnachten, zunächst einmal geklärt werden, wer das Sagen hat in der Pandemiepolitik. Mit inhaltlichen Argumenten hat das weniger zu tun, und das ist schade.

Es wäre schon hilfreich, wenn angesichts einer neuen Infektionswelle die Kräfte konzentriert würden. Der Lauterbach'sche Impuls einer Impfstoffinventur geht in die richtige Richtung. Wenn sich aber die Regierenden verzetteln, unklare und widersprüchliche Vorgaben für das Verhalten der Bevölkerung, für das Agieren von Schulen, Pflegeheimen und Wirtschaft machen, brauchen sie sich über das Echo nicht zu wundern. Nicht wenige werden dankbar für das Durcheinander sein. Inzwischen ist jeder in der Lage, für sein Verhalten oder Nicht-Verhalten die passende Warnung oder Vorschrift zu finden. Ausbaden müssen es am Ende die Schwächsten, unter anderem auf den Intensivstationen.

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