Die EU ruft nach alten Geistern

Die Atom- und Gasenenergie für grün zu erklären, wäre eine fatale Weichenstellung

Ein schmutziger, deutsch-französischer Deal auf Kosten von Umwelt- und Klimaschutz – so zumindest kann man den Brüsseler Vorschlag für die künftige EU-Taxonomie deuten. Die Franzosen dürfen weiter munter Atomkraftwerke bauen und die Deutschen sich in Gaspipelines verirren – und das unter dem offiziellen Siegel der Nachhaltigkeit. Ist das also der Pfad Richtung Klimaneutralität, die Politiker in Europa als ganz großes Zukunftsziel beschwören?

Wenn zwei fossile Brennstoffe für grün erklärt werden, muss man für die Energiewende wohl schwarz sehen. Zumal viele EU-Staaten mitziehen. Eigentlich könnte Brüssel dann auch moderneren Kohlekraftwerken den Segen erteilen. Wer braucht noch den zügigen Ausbau der Erneuerbaren oder die vernachlässigten Maßnahmen zum Energieeinsparen?

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Für die Umwelt- und Klimabewegung in Europa ist das Vorhaben ein erster Test im neuen Jahr. Ist man in der Lage, eine solch fatale Weichenstellung zu verhindern? Und die deutsche Ampel-Koalition kann nun ihr wahres klimapolitisches Gesicht jenseits der Selbstbeweihräucherungen zeigen. Bisher sieht es danach aus, dass die grünen Minister gesichtswahrend Kritik üben, während die Regierung insgesamt den Entwurf durchzuwinken gedenkt. Will man wirklich ernst machen mit Klimaschutz, müsste Berlin seinen Einfluss in Brüssel ausspielen und das Projekt stoppen.

Kanzler Olaf Scholz setzt hingegen auf Kompromiss und Laissez-faire – im Interesse der deutschen Gaslobby. Jedes EU-Land soll sich seinen eigenen Energiemix basteln dürfen. Es muss ja niemand AKW bauen. Doch womöglich werden mit der Taxonomie alte Geister gerufen. Will man allen ernstes eine Debatte darüber provozieren, ob der deutsche Atomausstieg nach hinten geschoben werden soll?

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal