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Vom Freund bespitzelt
Aktivisten sehen Chancen im Prozess um den britischen Undercover-Polizisten Mark Kennedy
Jason Kirkpatrick muss noch einige Wochen auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin warten. Seine Klage gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern wurde Ende Januar verhandelt. Danach vertagte sich das Gericht. Der Anlass seines Ganges zum Gericht liegt mittlerweile mehr als 15 Jahre zurück. Vom 6. bis zum 8. Juni 2007 fand in Heiligendamm der G8-Gipfel statt. Kirkpatrick war Pressekoordinator für das linke Protestbündnis gegen den Gipfel. Damals war er rund um die Uhr von einem verdeckten Ermittler der britischen Polizei umgeben. Der nannte sich Mark Stone, gab sich als Kirkpatricks Freund aus und erweckte den Eindruck, dessen umweltpolitische und globalisierungskritische Positionen zu teilen. Später wurde bekannt, dass Stone eigentlich Kennedy heißt und angesetzt war, die linke Opposition zu überwachen.
Dass Mark Kennedy bei den Anti-G8-Protesten eingesetzt wurde, geht auf einen Beschluss des Schweriner Innenministeriums zurück. Das Landeskriminalamt hatte den Agenten angefordert, der acht Wochen vor Beginn des G8-Gipfels gegen Aktivist*innen wie Kirkpatrick eingesetzt wurde. Dieser war in seiner Heimat USA Mitglied der Grünen Partei, bevor er sich in Deutschland in der globalisierungskritischen Bewegung engagierte. Mit der Klage vor dem Schweriner Verwaltungsgericht will er feststellen lassen, dass das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern mit dem Einsatz des Spitzels rechtswidrig gehandelt hat.
Rückenwind bekommt Kirkpatrick durch die Entscheidung einer richterlichen Untersuchungskommission von Ende Januar. Diese sprach Kate Wilson einen Schadenersatz von 229 000 britische Pfund zu. Kennedy hatte die britische Aktivistin nicht nur bespitzelt und sich in die politischen Zusammenhänge eingeschlichen, in denen die Frau aktiv war. Er hatte auch eine intime Beziehung mit ihr begonnen. Das britische Gericht fand für dieses Vorgehen eindeutige Worte. Wilson sei einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt und ihre Rechte nach Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention seien verletzt worden.
Das Gericht stellte fest, dass der verdeckte Polizeibeamte Mark Kennedy mit der Klägerin zwischen November 2003 und Februar 2005 eine langfristige intime und sexuelle Beziehung eingegangen war, während er eingesetzt wurde, um Informationen über Protestbewegungen zu sammeln, an denen die Frau teilgenommen hat. »Dadurch hat er sie erniedrigt und gedemütigt und auf grobe Weise in ihre körperliche Integrität eingegriffen«, stellte das Gericht fest. Doch nicht nur zu den sexuellen Beziehungen unter falschen Voraussetzungen fand das Londoner Gericht klare Worte. »Der Einsatz von Mark Kennedy (…) entsprach keinem dringenden sozialen Bedürfnis und war in einer demokratischen Gesellschaft weder notwendig noch verhältnismäßig im Hinblick auf den Bedarf an nachrichtendienstlichen Erkenntnissen über die Protestbewegung«, stellt es fest.
Kirkpatrick kann sich nicht vorstellen, dass das Schweriner Verwaltungsgericht Handlungen für rechtmäßig erklärt, die ein Londoner Gericht als ungesetzlich eingestuft hat. Nicht nur der Kläger ist am Ausgang des Verfahrens interessiert. Zu seinen Unterstützer*innen gehört Michael Dandl. Der langjährige Aktivist der Gefangenensolidaritätsgruppe Roten Hilfe war vor mehr als 20 Jahren selbst Ziel einer Bespitzelung. Auf ihn war Simon Bromma alias Simon Brenner angesetzt, der linke Aktivist*innen in Heidelberg ausspionierte, bis er Ende 2010 enttarnt wurde. Ein Erfolg der Schweriner Klage wäre für Dandl ein Signal. »Die Betroffenen zeigen dem Staat seine Grenzen auf und setzen sich gemeinsam zur Wehr«, erklärte er.
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