Lehrstück für Schnellschießer

Peter Steiniger zur nicht so überraschenden Wendung im Fall Ofarim

Vom Ankläger zum Angeklagten: Nach peniblen polizeilichen Ermittlungen wirft die Staatsanwaltschaft dem Musiker Gil Ofarim Verleumdung und falsche Verdächtigung vor. In einem emotionalen Video, das viraler ging als seine sämtlichen Lieder, hatte Ofarim behauptet, in einem großen Leipziger Hotel von einem Mitarbeiter antisemitisch angepöbelt worden zu sein. Sensibles Thema, mächtiger Trigger: Politik und Medien empörten sich umgehend mit ihm, Menschen demonstrierten, im Netz rollte ein riesiger Schneeball kollektiver Wut auf den angeblichen Übeltäter zu. Hätte der nicht ein großes Unternehmen im Rücken, das gleichfalls den Imageschaden hat, wäre er bei solchem Druck wohl einfach gefeuert worden.

Nun erlebt Ofarim selbst, der statt Manager oder Polizei zuerst den virtuellen Pranger anrief, wie es dort abgeht. Zack-zack wird gelikt und geteilt, was eigene Weltsicht und Vorurteile bedient. Doch auch bei Medienmachern hätte die Schilderung des gekränkten B-Promis Fragen aufwerfen müssen. Doch sie passte ja so schön ins Bild vom braunen Sachsen, wo sogar am Empfang eines Messestadt-Hotels mit Gästen jeder Provenienz Pegida-Dödel lauern. Die Anklage gegen Ofarim ist etwas anderes als nur eine starke Behauptung. Sie spricht nicht dafür, dass er seine Version belegen kann.

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