- Kommentare
- Fluchtpolitik
Stiller Ausnahmezustand
Ulrike Wagener über Geflüchtete an der europäischen Ostgrenze
Es gab eine Zeit, da wurde fast täglich über die Geflüchteten gesprochen, die über Belarus versuchen, sich in der Europäischen Union in Sicherheit zu bringen. Jetzt gibt es andere Krisen. Der Krieg in der Ukraine, Nahrungsknappheit, steigende Energiepreise. Doch die Menschen an der europäischen Ostgrenze sind noch da. Lettland hat am Mittwoch seinen Ausnahmezustand bis November verlängert. Das bedeutet, dass lettische Grenzbeamte weiterhin quasi-legal Geflüchtete nach Belarus zurückschieben können. Und auch Polen schiebt regelmäßig Schutzsuchende zurück ins Nachbarland.
Dabei hilft es nicht, dass der Europäische Gerichtshof Polen bereits vor einem Jahr wegen eines solchen Pushbacks zu Strafen verurteilt hatte. Und auch nicht, dass das europäische Gesetz faire Asylverfahren vorschreibt. Niemand in der EU will aktuell diese Länder ermahnen, immerhin leisten sie viel für die Geflüchteten aus der Ukraine. Auf die einen warten Arbeitsplätze, auf die anderen Stacheldrahtzäune. Doch die Krisen im globalen Süden sind so real wie die in der Ukraine. Dass man sich um erstere nicht kümmern will, wird uns noch auf die Füße fallen.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.