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Die treuen Freunde des Emirs
Bundesregierung und Wirtschaftslobbyisten sehen in Katar einen engen Partner. Was das Land in der Region anrichtet, nehmen sie billigend in Kauf
Das WM-Gastgeberland Katar kann auf seine Freunde in Deutschland zählen. Einer der treuesten ist Sigmar Gabriel. Er schrieb kürzlich im Kurznachrichtendienst Twitter, dass es eine »deutsche Überheblichkeit gegenüber Katar« gebe. »Wie vergesslich sind wir eigentlich? Homosexualität war bis 1994 in Deutschland strafbar«, wetterte der frühere SPD-Chef. Die »Fortschritte« in dem Land würden ausgeblendet. So reden auch die Pressesprecher der Regierung in Doha, nicht aber verfolgte Homosexuelle oder die Angehörigen der entrechteten Arbeiter, die bei der Errichtung der Fußballstadien zu Tode gekommen sind.
Der Verdacht liegt nahe, dass Gabriel als Sprechpuppe für diejenigen auftritt, denen er sein üppiges Auskommen verdankt. Anfang 2020 wurde bekannt, dass der einstige Wirtschafts- und Außenminister Aufseher bei der Deutschen Bank wird. Die Katarer waren zu diesem Zeitpunkt mit acht Prozent der Aktien an der Bank beteiligt, mehr als jeder andere Investor. Deswegen gehen Insider davon aus, dass sie ihre Zustimmung zum neuen Job für Gabriel gegeben haben.
Das ist nicht seine einzige Lobbytätigkeit. Gabriel amtiert seit 2019 auch als Vorsitzender der Atlantik-Brücke. Der Verein kümmert sich darum, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA intakt bleiben. Dazu gehört auch, Reklame für die Nato und ihre Verbündeten, darunter Katar, zu machen. Im Sommer wurde Gabriel vom FC Bayern München zu einer Diskussionsrunde eingeladen, die den Zweck hatte, ein »differenziertes Bild« von dem Emirat zu zeichnen. Der Rekordmeister kassiert Sponsorengelder von der Fluggesellschaft Qatar Airways und will aufgebrachte Fans beruhigen. Bei der Veranstaltung, an der auch Vertreter von Menschenrechtsorganisationen und der katarische Botschafter teilnahmen, betonte Gabriel die geopolitische Bedeutung Katars für Deutschland und die engen Beziehungen der beiden Länder.
Das dürfte auch im Sinne des Moderators des vom FC Bayern organisierten Runden Tisches, Christoph Heusgen, gewesen sein. Heusgen ist Diplomat und Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, die jährlich im Februar in der bayerischen Landeshauptstadt stattfindet und von Friedensaktivisten als »Nato-Kriegskonferenz« bezeichnet wird. 2019 richtete die Konferenz ein Treffen in Doha aus. Es wurden Möglichkeiten erörtert, wie Deeskalation gefördert sowie Stabilität in der Region geschaffen werden kann. Dass viele Probleme auf den Gastgeber Katar zurückgehen, wurde nicht erwähnt. Von dort werden radikale Vorstellungen des Islam unterstützt. Organisationen oder Gruppen, die der Muslimbruderschaft nahestehen, erhalten großzügige Spenden aus dem Land. Katar spielte auch eine wichtige Rolle bei den Demonstrationen und Unruhen in Libyen und Syrien, die zu Kriegen führten.
In Libyen beteiligte sich das Emirat direkt daran. 2011 waren dort sechs Kampfflugzeuge aus Katar im Einsatz und das Land schickte in Abstimmung mit den anderen Kriegsparteien USA, Großbritannien und Frankreich Spezialkräfte, die Aufständische im Kampf gegen das Regime von Mummar Al-Gaddafi finanzierten, bewaffneten und ausbildeten. Gaddafi wurde gestürzt und ermordet. Libyen versank in einem jahrelangen Krieg.
Der heutige Grünen-Chef Omid Nouripour erklärte damals, er sei im Unterschied zur schwarz-gelben Bundesregierung »dagegen, jede militärische Option auszuschließen«. Auch heutige Spitzenkräfte der Grünen sehen Katar als engen Partner. Bei seinem Besuch im März verneigte sich Wirtschaftsminister Robert Habeck so tief vor Ministern von Emir Tamim bin Hamad Al Thani, dass man von einem Bückling sprechen konnte. Im Mai reiste Bundeskanzler Olaf Scholz an und schloss das ab, was von seinem Grünen-Minister vorbereitet wurde. Der SPD-Politiker vereinbarte mit Katar eine Energiepartnerschaft. Deutschland braucht Erdgas, nachdem Russland infolge des Angriffs auf die Ukraine sanktioniert wurde, aber es gibt noch immer keine Vertragsabschlüsse. Das liegt auch daran, dass Katar langfristige Verträge fordert, die fossilen Brennstoffe aus Sicht der Bundesregierung aber nur eine »Brückentechnologie« sein sollen. Sie will in Zukunft stattdessen auf grünen Wasserstoff setzen. In Doha weiß man, dass auch anderswo Energiehunger herrscht und verkauft Gas zu besseren Konditionen an andere Staaten in Asien und Europa.
Das bedeutet aber nicht, dass die Beziehungen zwischen Katar und Deutschland schweren Schaden genommen hätten. Katar investiert Milliarden in Unternehmen hierzulande. Außerdem ist das Land einer der wichtigsten Abnehmer von deutschen Rüstungsexporten. Seit ihrem Amtsantritt hat die rot-grün-gelbe Bundesregierung Ausfuhren im Wert von 20,7 Millionen Euro nach Katar genehmigt. Dass sie damit zur Destabilisierung der Region beiträgt, geht während der Debatten über den russischen Krieg in der Ukraine und die deutschen Rüstungsexporte an Saudi-Arabien bisher weitgehend unter.
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