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Lobbyistin
Fleischerin Nora Seitz macht Stimmung gegen das Bürgergeld
Medienschaffende besitzen die unangenehme Eigenschaft, es sich bei ihren Recherchen leicht zu machen, selbst in großen Redaktionen, die über Ressourcen verfügen, um über den Tellerrand hinauszuschauen. Womit wir bei Nora Seitz wären, Fleischermeisterin in vierter Generation aus Chemnitz und ein bei Journalist*innen beliebtes Gesicht, wenn es darum geht, die Sorgen des Handwerks zu repräsentieren. Vergangene Woche erklärte Seitz in der »Zeit«, warum sie das Bürgergeld richtig aufregt und »Arbeiten an sich immer unattraktiver wird«. Kurz darauf kritisierte sie in der MDR-Talksendung »Fakt ist«, dass das Lohnabstandsgebot nicht mehr gegeben sei. Bei »Maischberger« im Ersten wiederholte die 38-Jährige das alles am Dienstagabend.
Mehr mediale Schützenhilfe konnte sich die CDU in ihrem Kampf gegen das Bürgergeld kaum wünschen. Eine weibliche Stimme des Handwerks aus dem Osten vertritt die Parteilinie. Was für ein Zufall bei mehr als 10 000 Fleischerhandwerksbetrieben in Deutschland. Was vielleicht damit in einem Zusammenhang steht, dass Seitz CDU-Mitglied ist. Alle Medien merken das in ihrer Berichterstattung zwar an, doch bereits ihr Beisitzerposten im Vorstand der sächsischen Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ist schon keine Erwähnung mehr wert, genauso wie eine gescheiterte Bundestagskandidatur. Dabei ist die CDU-Lobbygruppe eine der lautesten Stimmen, die besonders schrill gegen das Bürgergeld schießt. In einer Mitteilung der MIT Sachsen Ende September hieß es, dies sei der »Einstieg in das bedingungslose Grundeinkommen«. Die Beschäftigten der Chemnitzer Fleischerei Thiele erhalten übrigens nur den Mindestlohn.
Seitz, die sagt, sie arbeite 80 Stunden in der Woche, rechtfertigt dies unter anderem mit dem enormen Preisdruck durch billige Großanbieter. Ob ihr bekannt ist, welche Partei seit Jahrzehnten am stärksten die Interessen der Agrarindustrie vertritt? Diese Frage stellte ihr Maischberger nicht.
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