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Evers: Mehr Stellen für Senatoren-Stäbe

Evers will »moderne Verwaltung«. Opposition befürchtet Postengeschacher

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) ist zwar erst seit weniger als zwei Wochen im Amt. Doch er plant schon erste Veränderungen bei der Struktur der Senatsverwaltungen. Diese gelten traditionell als behäbig und vor allem von einer starken Eigenlogik bestimmt.

Für Diskussionen hat ein Vorschlag von Evers zur Personalausstattung in den Senatsverwaltungen gesorgt. Nach Evers’ Willen soll es künftig in den einzelnen Verwaltungen eine zusätzliche Führungsebene geben. Auf dieser sollen sogenannte Leiter der Leitungsstäbe Anweisungen der Senatoren effektiver in das Haus tragen. Diese Leiter sollen gebunden an die Amtszeit des Senators angestellt werden. Ziel ist damit wohl, die Leitungsebene der Verwaltung gegenüber den Abteilungen zu stärken.

Nach Bekanntwerden der Vorlage wurde auch Kritik laut. Bemängelt wurde von der Opposition, dass die Leitung der Senatsverwaltungen so aufgebläht würde. Groß ist auch der Kontrast zu den Plänen für die einfachen Sachbearbeiterstellen in der Verwaltung, die Evers am Montag im RBB-Inforadio darlegte. »Ich glaube nicht, dass es gelingen wird, alle offenen Stellen eins zu eins nachzubesetzen«, hatte der Finanzsenator gesagt. Er erhoffe sich davon, dass Chancen zur Automatisierung und Bürokratieentschlackung genutzt würden. »Deswegen müssen wir sehen, wie schaffen wir es, dass in zehn oder 15 Jahren nicht mehr so viele Menschen für jeden Prozess eingebunden sein müssen«, sagte Evers und ergänzte: »Damit wir auch mit weniger Menschen in der Lage sind, die alte Qualität mindestens an Dienstleistungen auch aufrechtzuerhalten.« Statt der im Wahlkampf angekündigten »funktionierenden Stadt« geht es im Alltagsgeschäft erstmal um den Erhalt des Status quo.

Während also bei den Pferden gespart wird, sollen mehr Kutscher dazukommen. Und das zu recht privilegierten Konditionen: Die neu geschaffenen Leiter der Leitungsstäbe sollen in der Gehaltsstufe B2 entlohnt werden, was einem Bruttogehalt von mehr als 8000 Euro entspricht. Auch die Gehälter der Büroleitungen der Senatoren sollen auf dieses Niveau angehoben werden. »Man bekommt allmählich das Gefühl, dass für die SPD die Senatsbildung vor allem ein Versorgungsprojekt für die eigenen folgsamen Leute ist und die CDU sich ihre Regierungsmannschaft offenbar zusammenkaufen muss«, kommentierte die Grünen-Vorsitzende Bettina Jarasch in der »Berliner Morgenpost«.

Auf der Pressekonferenz am Dienstag verteidigt Evers das Vorhaben. Zuvor hatte der Senat seine Vorlage angenommen. »Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es für die politische Schlagkraft und Steuerung der Häuser von Vorteil ist, eine effiziente und moderne Leitungsstruktur aufzubauen«, sagt er. Der Vorschlag orientiere sich an der Organisationsstruktur in Bundesministerien, wo sogenannte Planungsstäbe sich schon länger bewährt hätten. Ziel sei, die Verwaltungsstruktur über die einzelnen Senatsverwaltungen hinweg zu vereinheitlichen.

»Es wird weniger sein, als man denkt«, antwortet Evers auf die Frage nach der Zahl der neu zu schaffenden Stellen. In vielen Senatsverwaltungen – allen voran der Senatskanzlei – gebe es bereits Leitungsstäbe, in anderen könne man bestehende Stellen umwandeln. Eher unbeholfen wirkt Evers, als er den Journalisten präzise Zahlen zur Gehaltshöhe nennen will, in seinen Akten blättert und am Ende selbst nicht mehr so richtig zu wissen scheint, was er in ihnen sucht.

Der Kritik daran, dass das Vorhaben nicht im Abgeordnetenhaus diskutiert werden sollte, entgegnet Evers, dass es sich um eine »personalwirtschaftliche Frage der Selbstorganisation« handele, über die das Abgeordnetenhaus nicht zu entscheiden habe. Im Parlament gibt es dazu zahlreiche zweite Meinungen, sodass die Frage nun auf Antrag der Opposition auf die Tagesordnung für die Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag gerutscht ist. Dort wird Evers erneut Rede und Antwort stehen müssen.

Kontroverse Diskussionen erwarten den Berliner Senat auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch. Dort soll darüber gestritten werden, wie die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden soll. Evers verweist bei der Pressekonferenz darauf, dass Berlin aktuell besonders belastet sei. Für viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sei Berlin die erste Station, zugleich kämen auch aus anderen Ländern deutlich mehr Schutzsuchende an. »Der Schuh drückt ganz gewaltig«, sagt Evers mit Blick auf die finanzielle Herausforderung, die daraus entstehe.

Von der Ministerpräsidentenkonferenz erhofft sich Evers mehr Geld vom Bund. Aktuell trage dieser etwa 60 Prozent der Kosten, doch die Belastung für die »soziale Infrastruktur« in Form von Kitas, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen werde dabei nicht berücksichtigt. »Was wir bisher in Aussicht gestellt bekommen haben, ist viel zu wenig«, so Evers. Der Bund argumentiere aber, dass er wegen der aktuellen wirtschaftlichen Lage schwer belastet sei, während die Bundesländer große Überschüsse erwirtschafteten. »Meiner Sicht nach macht man sich da einen schlanken Fuß«, so Evers. Schließlich belaste die Wirtschaftslage auch die Bundesländer.

Allzu hoch will Evers die Erwartungen für die Ministerpräsidentenkonferenz dann auch nicht schrauben. »Der Bund muss nicht alle Probleme lösen«, sagt er. Auch mit einer »verlässlicheren Finanzierung« werde die Situation in Ballungsräumen besonders bleiben. Erneut verzettelt sich Evers bei den Details. Auf die Frage eines Journalisten, wie hoch die Ausgaben für die Unterbringung von Geflüchteten überhaupt seien und in welcher Höhe sich der Senat finanzielle Unterstützung vom Bund wünsche, blättert er sekundenlang durch seine Akten, bevor er aufgibt und den Fragesteller auf eine schriftliche Antwort vertröstet. Auch grobe Angaben zu dieser durchaus zentralen Frage will Evers aus Angst, »jetzt Fantasiezahlen in die Welt zu setzen«, lieber nicht machen.

Der Konflikt um die Finanzierungsfrage verlaufe zwischen Bund und Ländern, so Evers. »Das ist keine Frage von Parteien.« Bedenken gebe es bei Vertretern aller Parteien. »Die Bundesländer und Kommunen sprechen da mit einer Stimme«, so Evers. Bereiche, bei denen es Konflikte zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD geben könnte, ließ man dann auch lieber aus. Über Fragen wie Grenzsicherung und Modalitäten der Unterbringung habe man nicht diskutiert, weil dies keine Länderfragen seien, so Evers. Sogar einen CDU-Wahlkampfschlager lässt er für die schwarz-rote Einigkeit in der Geflüchtetenfrage fallen: »Bei Rückführungen bewegt sich Berlin nicht am unteren Ende und es gibt da auch nichts groß zu heben«, sagt Evers. Durchaus überraschende Worte von jemandem, der wenige Wochen zuvor den Berliner Behörden noch Untätigkeit bei Abschiebungen vorgeworfen hatte.

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