- Kommentare
- Kommentar
Sterben im Mittelmeer: Katastrophe mit Ansage
Die Verantwortlichen für das Sterben im Mittelmeer
»Absaufen, absaufen!« Das skandierten Tausende vor fünf Jahren auf einer Kundgebung der rassistischen Pegida-Bewegung in Dresden. Sie fanden, es geschehe Menschen, die vor unerträglichen Lebensumständen übers Mittelmeer nach Europa fliehen, recht, dass sie dabei qualvoll ertrinken.
So ekelhaft das ist: Es gibt Handlungsweisen, die eine Steigerung solcher Widerwärtigkeit sind. Denn die Hauptverantwortung für das Sterbenlassen im Mittelmeer tragen die Meisterinnen der Euphemismen in der EU. Mit Blick auf den beschämenden »Asylkompromiss« vom 8. Juni sprechen sie von einem Erfolg oder gar von einer »Verbesserung des Status quo« für »viele Geflüchtete« (Annalena Barbock). Als Exekutierende der Abschottungspolitik der EU führen Beamte von deren Grenzagentur Frontex und die Küstenwachen von Anrainerstaaten »Unglücke« mit herbei, denn sie weisen Menschen illegal in Nicht-EU-Gewässer zurück. Andererseits überwachen sie das Mittelmeer flächendeckend, wissen sofort, wenn ein Boot in Seenot gerät – und tun häufig nichts. Vor der Küste von Crotone in Italien ertranken deshalb im Februar 78 Menschen.
An diesem Mittwoch dann die nächste, noch größere Katastrophe: Ein überfülltes Boot kenterte vor der griechischen Küste, Hunderte Schutzsuchende starben. Ihr Tod ist direkte Folge immer engmaschigerer Kontrollen. Denn Fluchthelfer weichen deshalb auf immer gefährlichere Routen aus. EU-Verantwortliche von Ursula von der Leyen bis Nancy Faeser reden gern von sicheren Wegen nach Europa, die man schaffen wolle, um »kriminellen Schleusern das Handwerk zu legen«. In Wahrheit erhöhen sie die Mauern um die Festung Europa. Und blockieren wie die stets die moralische Überlegenheit des Westens vor sich hertragende deutsche Außenministerin versprochene Unterstützung für zivile Seenotretter.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.